Wissenschaftsjahr 2007 - Montag, 21. Mai 2007



Montag, 21. Mai 2007

H-Soz-u-Kult

Rezension: Andrea Althoff  über "Ethnische Kolonien. Entstehung, Funktion und Wandel am Beispiel türkischer Moscheen und Cafés"  von Rauf Ceylan

Der Autor beschreibt, welche Rolle türkische Moscheen und Cafés für den Integrationsprozess von Türken und türkischstämmigen Migranten in Deutschland spielen. Mit seinem Ansatz des Vergleichs von Moscheen und türkischen Cafés hat er einen ungewöhnliche Herangehensweise an das Thema "Migration und Integration" gewählt. Allerdings ist es gerade dieser Vergleich, der ihn zu überraschenden Ergebnissen kommen lässt. Hierzu zählt, dass Moscheen eine durchaus positiv zu bewertende Integrationsfunktion für die Migranten übernehmen, während die Cafés eher die Desintegration und Entkoppelung der Lebenswelten von Migranten und Mehrheitsgesellschaft fördern. Der Forschungsbeitrag mache deutlich, dass bisherige Annahmen über Religion und die negativen Konnotationen, die sowohl in der Wissenschaft als auch in öffentlichen Debatten vorherrschen, hinterfragt und anhand empirischer Befunde überprüft werden müssten, meint die Rezensentin.

H-Museum

Rezension: Susanne Sehrt über "Depotfunde aus Gebäuden in Zentraleuropa. Concealed Finds from Buildings in Central Europe", herausgegeben von Ingolf Ericsson und Rainer Atzbach

Der Tagungsband widmet sich dem Phänomen von Funden, die aus Deckenverkleidungen, Gewölbeüberschüttungen, Wandzwischenräumen oder in anderen vollständig oder weitgehend verschlossenen Hohlräumen in Gebäuden überliefert wurden. Den auslösenden Gedanken zur Ausrichtung des Kongresses bildete die Auswertung der "Mühlberg-Funde" in einem denkmalgeschützten Gebäudekomplex im Allgäu. Dort kamen 1996/97 umfangreiche mittelalterliche und neuzeitliche Fundkomplexe aus Hohlräumen zum Vorschein. Die Beiträge stellten das Phänomen "Depotfunde“ zwar nicht umfassend dar, gäben dem Leser aber einen überaus gelungenen und interessanten Einblick in das Facettenreichtum einer neuen mittelalterlichen und neuzeitlichen Quellengattung, schreibt der Rezensent.

H-Soz-u-Kult

Rezension: Peter Klein  über "Die Jahre der Vernichtung. Das Dritte Reich und die Juden 1939-1945" von Saul Friedländer

Nachdem der Autor 1998 einen von der Fachwelt hochgelobten und preisgekrönten Band zum Schicksal der deutschen und österreichischen Juden in den Jahren 1933 bis zum Vorabend des Überfalls auf Polen vorgelegt hatte, ist nach weiteren acht Jahren nun der zweite Band seiner großen Studie erschienen. Dabei profitiert der Autor von einer in den letzten Jahren erreichten Erweiterung und Vertiefung der Holocaustforschung sowie von den zahlreich erschienenen historischen Selbstzeugnissen. Die Fülle an Forschungsergebnissen nicht nur zu kennen, sondern kompositorisch mit den Tagebüchern der Opfer so zu verweben, dass eine Geschichte des Massenmords und aller daran Beteiligten entsteht, sei ein historiographischer Meilenstein, so der Rezensent.

H-Soz-u-Kult

22. bis 25. März 2007, Loveno di Menaggio, Italien

Tagungsbericht: Paradoxien der Legitimation. Kulturhistorische Analysen zur Macht im Mittelalter

Ausgehend von der Annahme, dass Paradoxien ein wichtiges Element der abendländischen Zivilisation sind, nahm die Veranstaltung das unlösbar Widersprüchliche im Kontext vormoderner Legitimationsprozesse in den Blick. Die Vorträge wurden allesamt intensiv diskutiert und zeigten eindrucksvoll die Vielfalt paradoxer Lebenswirklichkeiten und der damit verknüpften Probleme der Legitimation im Mittelalter auf. Die Paradoxien der Legitimation erschienen als ein wesentliches Strukturmerkmal vormoderner Zeiten, die vielfach primär mit Argumenten hantierten, die auf einer anderen Ebene als der der „reinen Ratio“ lagen. Über dieses Phänomen lässt sich viel über das Mittelalter als solches erfahren - auch über das, was uns Heutige vom Mittelalter trennt, denn nicht alles, was uns heute als paradox erscheint, hat denselben Eindruck im Mittelalter hervorgerufen.

H-ArtHist

24. Mai 2007, Berlin

Tagung: "Wissensforum oder Marktplatz - Wie entwickelt sich der digitale Zugang zum Wissen nach der Urheberrechtsnovelle?"

Das Urheberrecht wird derzeit überarbeitet, um es den Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologie weiter anzupassen. Durch das Internet ist es mittlerweile möglich, jederzeit und an jedem Ort Daten wie z.B. Bilder oder wissenschaftliche Texte anzubieten und darauf zuzugreifen. Ebenso kann dieser Zugriff durch technische Schutzmaßnahmen (Digital Rights Management) aber auch verhindert werden. Das neue Urheberrecht regelt, wem die wirtschaftliche Auswertung dieser technischen Möglichkeiten rechtlich zugeordnet werden soll. Nicht nur in Bezug auf die Unterhaltungsindustrie, auch im Bereich von Wissenschaft, Forschung und Lehre erfordert die technische Entwicklung eine Diskussion über die damit verbundenen Auswirkungen. In kurzen Vorträgen und anschließender Diskussion wird das Problem aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet.

H-Germanistik

10. Juli 2007, Berlin

Tagung: Faszination. Zur historischen Konjunktur und heuristischen Tragweite eines Begriffs

Kaum ein Begriff im deutschen Sprachraum kann im 20. Jahrhundert eine derartig steile Karriere aufweisen wie derjenige der "Faszination". Stand er noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein im eng begrenzten Kontext der charismatischen oder magischen "Verzauberung" oder "Behexung" einer Person durch eine andere, so haben sich der Gebrauch und die Semantik des Begriffs in den letzten Jahrzehnten enorm erweitert. Faszination fungiert gegenwärtig nicht nur als alltägliches und allgegenwärtiges Versprechen einer sich intensivierenden Kulturindustrie in der "Erlebnisgesellschaft", sondern erfährt auch eine immense Aufwertung in kulturhistorischen, literaturwissenschaftlichen, medienpsychologischen und populärwissenschaftlichen Arbeiten.

H-ArtHist

26. bis 30. September 2007, Krakau

Konferenz: Die Etablierung und Entwicklung des Faches Kunstgeschichte in Deutschland, Polen und Mitteleuropa

In Erinnerung an die Einrichtung des Lehrstuhls für Kunstgeschichte an der Krakauer Jagiellonen-Universität im Jahr 1882 findet eine Konferenz zur Entwicklung des Fachs im Laufe des 19. Jahrhunderts von den amateurhaften Anfängen bis zur Ausprägung der grundlegenden Methoden der Kunstgeschichte um 1900 statt. Der regionale Schwerpunkt der Betrachtungen liegt auf Mitteleuropa, doch werden darüber hinaus auch einflussreiche Wissenschaftszentren außerhalb dieses Raumes in den Blick genommen. Die Vertiefung der Kenntnisse über die Anfänge der Disziplin führt zu methodologischen Überlegungen über ihre weitere Entwicklung im Verlauf des 20. Jahrhunderts und zur Analyse der aktuellen Situation der Kunstgeschichte.

H-Museum

18. Mai 2007, Saarbrücken
Podiumsdiskussion: Darf's ein bisschen mehr sein? - Der Ausstellungssommer 2007

Mit der documenta 12 in Kassel, der Biennale in Venedig und der 10. Triennale in Fellbach finden im Sommer dieses Jahres drei Highlights des internationalen Ausstellungsgeschehens statt. Dokumentieren die großen Ausstellungen neutral, was in der Kunst gerade geschieht, oder setzen sie selbst neue Trends? Was erwartet die Besucher: anspruchsvolle Kunst oder spektakuläre Events? Soll Kunst politisch sein? Sollen die großen Ausstellungen den Kunstmarkt widerspiegeln? Die Podiumsdiskussion thematisiert die Ereignisse des Ausstellungssommers 2007 und die Tendenzen und Hintergründe des aktuellen Kunstgeschehens.

H-Museum

8. bis 9. Juni 2007, Aachen

Tagung: "Venite et Videte" - Kunstgeschichtliche Dimensionen der Aachener Heiligtumsfahrt

Insbesondere in den Jahren der seit 1349 turnusmäßig alle sieben Jahre stattfindenden Aachener Heiligtumsfahrt galt für die Stadt Aachen das Motto: "Kommt und seht". Zu diesen Anlässen trat die Kaiserstadt für jeweils zwei Wochen im Jahr Rom, Jerusalem und Santiago de Compostela als ebenbürtiges Ziel europäischer Fernwallfahrten an die Seite. Anlass war die Verehrung der so genannten "Vier Aachener Heiligtümer", Reliquien, die möglicherweise schon zum umfangreichen Reliquienschatz Karls des Großen gehörten: ein Kleid Marias, die Windeln und das Lendentuch Jesu sowie das Enthauptungstuch Johannes des Täufers. Textilrestauratorische Fragen etwa nach deren Alter, Machart und Erhaltungszustand, nach möglicherweise aufschlussreichen Verschmutzungs- und Gebrauchsspuren sind in diesem Zusammenhang ebenso zu stellen wie kunst- und kulturhistorische Fragen, die der grundsätzlichen Bedeutung von Stoffreliquien in der mittelalterlichen Reliquienverehrung nachgehen.

H-Germanistik

8. Juni 2007, Berlin

Konferenz: Das bestimmte Wort. Die Übersetzung zwischen Profanierung und Sakralisierung

Seit dem biblischen Mythos von Babel ist die Mehr- bzw. Vielsprachigkeit der Menschen immer wieder als Ausdruck der Entfernung nicht nur von Gott, sondern auch als Verlust einer ursprünglichen Einheit menschlicher Sprache gedeutet worden. Im Horizont dieser Tradition haftete der Übersetzung - insbesondere der Übersetzung der Bibel – stets ein Doppelcharakter an: Zum einen musste sie durch den Unterschied zur Offenbarung die Integrität einer ‚identischen’ Überlieferung in Frage stellen. Zum andern barg jede Übersetzung jedoch zugleich die Chance, über die Dignifizierung der Zielsprache als Trägerin des Offenbarungswissens einen Beitrag dazu zu leisten, den Riss zwischen den Sprachen und damit zwischen den Menschen zu verringern. Das Kolloquium zielt darauf, die Gegenwärtigkeit und Virulenz der Spannung zwischen Profanierung und Sakralisierung in den verschiedensten Konstellationen der Übersetzung zu untersuchen. Nicht zuletzt schärft dies den Blick für die Gegenwart einer Globalisierung, die sich als Zeitalter einer  unproblematischen, säkularisierten Übersetzungspraxis auszugeben scheint.


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