Realistische Darstellung einer Galaxie

Weltraumwetter

Ein Beitrag von Dr. Jens Berdermann, DLR Institut für Solar-Terrestrische Physik

Von Sonnenstürmen und Plasmawolken

Im Gegensatz zum meteorologischen Wetter, welches in unserem Leben allgegenwärtig ist und einen festen Platz in unserer täglichen Konversation findet, ist das Weltraumwetter den meisten Menschen noch unbekannt. Das Weltraumwetter kann aber unser modernes Leben schon heute entscheidend beeinflussen und wird mit der kontinuierlich voranschreitenden kommerziellen Nutzung des erdnahen Weltraums weiter an Bedeutung gewinnen. 


Was versteht man unter Weltraumwetter?

Das Weltraumwetter beschreibt die Bedingungen auf der Sonne, im Sonnenwind und in der oberen Erdatmosphäre, welche die Leistung und Zuverlässigkeit von technologischen Systemen im Weltraum und auf der Erde beeinflussen. Dabei kann es zu erheblichen Störungen der technischen Infrastruktur kommen, wodurch sich erhöhte Risiken für die Sicherheit, wirtschaftliche Verluste und eine verminderte Lebensqualität ergeben. 


Welche Auswirkungen kann das Weltraumwetter haben?

Bei Sonnenstürmen werden elektrisch geladene Teilchen als Plasmawolke ins Weltall geschleudert. Dabei kann eine solche Wolke aus geladenen Teilchen auch auf die Erde treffen und mit der Erdatmosphäre interagieren. Es kommt dann zu einer globalen Störung des Erdmagnetfeldes, einem sog. geomagnetischen Sturm sowie zu weiteren Störungen in der Ionosphäre. Die Ionosphäre ist eine Atmosphärenschicht in einer Höhe von ca. 80-1000 km, welche freie Ladungsträger (z.B. Elektronen) enthält. Die Ionosphäre kann dadurch die Ausbreitung von elektromagnetischen Signalen beeinflussen und zu Ungenauigkeiten in der satellitenbasierten Navigation (z.B. GPS) sowie Störungen in der Kommunikation führen. 
Die Magnetfeldstörung können wiederum elektrische Ströme im Untergrund und in bodengestützten, elektrisch leitfähigen Infrastrukturelementen wie Hochspannungsleitungen, Pipelines oder Bahnschienen hervorrufen. Betreiber kritischer Infrastrukturen sind sich zunehmend bewusst, dass extreme Weltraumwetterereignisse schwerwiegende Auswirkungen auf Ihre Systeme haben können. 
 

Wie können wir uns schützen?

Gelingt es, mögliche Risiken und Auswirkungen von Weltraumwetterereignissen rechtzeitig zu identifizieren und zu bewerten, dann lassen sich die negativen Folgen reduzieren oder sogar vermeiden. Echtzeitinformationen und Vorhersagen zum aktuellen Weltraumwettergeschehen, im Besonderen dem Zustand der Ionosphäre, können daher wesentlich dazu beitragen, sicherheitskritische Situationen oder hohe Kosten zu vermeiden. 
 

Weltraumwetterbewertung und -vorhersage am DLR Neustrelitz

Das Weltraumwetterbeobachtungs- und Vorhersagezentrum des DLR (IMPC, engl. Ionosphere Monitoring and Prediction Center) unterstützt Wissenschaft, Industrie, Regierung und den interessierten Nutzer, indem es das Weltraumwetter nahezu in Echtzeit überwacht, gestörte Bedingungen vorhersagt, Informationen graphisch über die Webseite Ionosphere Monitoring and Prediction Center (IMPC) aufbereitet sowie Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit leistet. 


Wie ist die aktuelle Weltraumwettersituation?

Aktuell befinden wir uns in der aktiven Phase innerhalb des 11-jährigen solaren Zyklus (Maximum 2024/2025), welcher durch die aufeinanderfolgenden Maxima der Sonnenfleckenrelativzahl definiert ist. Infolgedessen ist in den nächsten 3-4 Jahren vermehrt mit solaren Ereignissen wie Sonneneruptionen und Sonnenstürmen zu rechnen. Daraus ergibt sich zum einen die Möglichkeit, das faszinierende Phänomen der Polarlichter auch in unseren Breiten zu sichten, es kann aber auch zu den beschriebenen negativen Auswirkungen auf die technische Infrastruktur führen. 
 

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2023 – Unser Universum.​

Dr. Jens Berdermann

Dr. Jens Berdermann ist ESA SSA Advisory Board Member (2013-2016), deutscher Delegierter als Weltraumwetterexperte für die UN-COPUOS Space Weather Expert Group (2016-2022), WMO Space Weather Expert Group (seit 2017) sowie deutscher Vertreter im COSPAR Panel of Space Weather.

Aufgabenfelder/Forschungsfeld: Physiker,Leiter Abteilung Weltraumwettereinfluss, Kommissarischer Institutsleiter

Dr. Jens Berdermann