Das Jahr der Mathematik - Wissenschaftsjahr 2008 Malen und Zahlen

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Malen und Zahlen

In indischen Rangawalis gehen Kunst, Philosophie und Mathematik eine perfekte Symbiose ein – findet Nalini Bhat-Sperling.

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Es ist eine alte indische Tradition: Früh morgens malen Frauen Rangawalis – auch Mandalas genannt – auf die Böden vor ihren Haustüren. Die bunten Muster aus Quarzsand oder Reispaste sind oft am Abend wieder verschwunden – weggetragen vom Wind oder den Füssen vorbeigehender Menschen. Diese Tätigkeit ist Ausdruck der indischen Philosophie, wonach nichts für die Ewigkeit geschaffen ist und das Tun selbst die Freude bringt. Im Falle der Mandalas bringt es sogar noch mehr: Einblicke in die Mathematik.

Nalini Bhat-Sperling verdeutlicht an Rangawalis, dass die Welt der Mathematik alles andere als fade ist. Denn die kunstvoll gemalten Formen bestehen aus Geraden, Kurven, Punkten und Kreisen. Dazu beeindrucken sie durch ihre Symmetrie sowie immer wiederkehrenden Muster. Und bieten so einen ungewöhnlich kreativen Zugang zur Wissenschaft von den Zahlen und Form. Deshalb engagiert sich die Inderin dafür, dass Rangawalis (Mandalas) auch in den klassischen Schulunterricht Einzug finden – und zwar nicht nur im Fach Kunst.

Schon als Mädchen war die heute 68-Jährige von den geometrischen Ornamenten am Boden fasziniert. Deshalb ging sie häufig früh am Morgen auf die Straße, um neue Rangawalis in ihrer Nachbarschaft zu entdecken und abzumalen. So schulte sie schon in jungen Jahren ihr Gespür für Formen und Proportionen. Heute zeichnet die Inderin ihre Rangawalis und Mandalas ohne Vorlagen und gibt ihr Können an Interessierte weiter. Die Techniken und Regeln, die den indischen Bodenmalereien zu Grunde liegen, zeigt Nalini Bhat-Sperling auch in Ausstellungen und Vorträgen, bei denen man dazu eine Auswahl unterschiedlicher Umsetzungen der traditionellen Zeichnungen bewundern kann.

Für die gebürtige Inderin, die über 30 Jahre lang als Mathematikerin und Informatikerin in ihrer Heimat, in England und in Deutschland gearbeitet hat, ist eine neue Entwicklung in der Wissenschaft besonders erfreulich: die „Ethnomathematik“. Diese noch relativ junge Forschungsdisziplin zeigt großes Interesse am Zahlenverständnis der unterschiedlichen Völker. Auch wenn der Ansatz alle Kontinente und Länder einschließt, betrachtet Nalini Bhat-Sperling sie vor allem unter einem ganz persönlichen Gesichtspunkt: „Ethnomathematik vereint zwei Dinge, die ich liebe – Mathematik und Indien.“

Das Interesse an Mathematik ist tief in Nalini Bhat-Sperlings Familie verankert. Schon der Vater half ihr bei den Rechenaufgaben. Sie selbst brachte ihren Nichten und Neffen die Grundschritte der Programmierung bei und half so, deren Karrieren als IT-Spezialisten und Ingenieure anzustoßen. Für die Inderin steht fest, dass niemand vor Mathematik Scheu haben sollte. Und diese Überzeugung vertritt sie erfolgreich – auch jenseits der familiären Grenzen: „Wenn ich Zweifler treffe, die Mathematik nicht mögen, male ich mit ihnen Rangawalis. Und mit einem Mal offenbart sich ihnen die faszinierende und schöne Seite der Mathematik.“







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