Zum Wissenschaftsjahr 2018
Können die Probleme der Elbe gelöst werden?

Können die Probleme der Elbe gelöst werden?

Ein Expertenbeitrag von Yves Bloege

Können die Probleme der Elbe gelöst werden?

Ein Expertenbeitrag von Yves Bloege vom Naturschutzbund Deutschland (NABU)

Dieser Expertenbeitrag ist im Rahmen der Elbschwimmstaffel des Wissenschaftsjahrs 2016*17 – Meere und Ozeane entstanden. Hier gelangen Sie direkt zur größten Freiwasser-Schwimmstaffel Deutschlands.

Der Hochwasserschutz an der Elbe hat nach den letzten Hochwässern zwischen 2002 und 2013 neue Dimensionen zu bewältigen. Gleichzeitig fehlt der Elbe Wasser, um ihren Artenreichtum zu erhalten und wirtschaftliche Fahrrinnentiefen bereitzustellen: Die Auen trocknen zusehends aus. Stoffkreisläufe sind unterbrochen oder eingeschränkt. Pflanzen und Tiere wasserstandabhängiger Landökosysteme unterliegen Trockenstress und sind dort, wo sich die Elbe in den Untergrund eingräbt, existentiell bedroht. Das „Gesamtkonzept Elbe“ (GKE) soll eine Trendwende herbeiführen und die umweltverträgliche verkehrliche Nutzung sowie die wasserwirtschaftlichen Notwendigkeiten mit der Erhaltung des wertvollen Naturraums in Einklang bringen. Wenn dies jedoch gelingen soll, muss sich unser Verständnis zum Umgang mit unseren Flusslandschaften noch wesentlich stärker wandeln.

Hochwasserschutz – Ressourcenschutz - Naturschutz

Yves Bloege schloss 1997 sein Studium der Wasserwirtschaft mit Spezialisierung ökologischer Wasserbau an der FH in Magdeburg ab und ist seit 2004 für den NABU aktiv. 2005 gründete er die Firma BUWATEC Bau- und Umweltplanungen. Das Unternehmen agiert im Tätigkeitsfeld der Planungen und Ausführungen von Vorhaben im Biotop- und Artenschutzbereich sowie in der Landschaftspflege.

Der Elbe fehlen mehr als 4/5 ihrer Überschwemmungsflächen. Aufgrund zahlloser Entwässerungsanlagen sowie der Begradigung vieler Flüsse erreichen heute immer größer werdende Wassermengen in kürzerer Zeit die Elbe. Folglich erhalten wir bei großen Durchflussmengen in der eingeengten Aue unnatürlich hohe Wasserspiegelscheitel mit überhöhten Strömungsgeschwindigkeiten, die insbesondere in begradigten Flussabschnitten und in ausgeräumten Deichvorländern eine entsprechend hohe Sterblichkeitsrate selbst bei vielen auenangepassten Pflanzen- und Tierarten verursachen. Zur Gewährleistung des Hochwasserschutzes sind im GKE bisher vorrangig der Bau von Poldern und weiteren Regenrückhaltebecken geplant. Doch für eine hohe synergetische Wirkung hinsichtlich einer milderen Überflutungscharakteristik wären die ehemaligen Überschwemmungsflächen weitestgehend als ungesteuerter Retentionsraum, das heißt mit einem selbstregulierenden Zu- und Ablaufregime, wieder an die rezente Aue anzubinden. Ohne großflächige Rückdeichungen als das prioritäre Mittel der Wahl festzulegen, können die ökologischen Defizite nicht beseitigt werden. Rückdeichungen bedeuten, dass Deiche soweit zurückgesetzt werden, dass große Wassermengen von der Elbe wieder als „Breitwasser“ und nicht als Hochwasser abführt werden.

Schifffahrt - Naturschutz

Das Prinzip des bestehenden buhnendominierenden Regelungssystems zur Schiffbarkeit beruht auf einer gewollten Eintiefung der Elbsohle. Die Stromregulierung ist daher die wesentliche Ursache für den rasanten Wasserspiegelverfall. Dies hat zur Folge, dass kleine, jährlich auftretende Hochwasser kaum oder gar nicht mehr ausufern und der Aue somit ihr Lebenselixier fehlt. Ohne eine Neuausrichtung des bestehenden Regulierungsprinzips ist daher eine umweltverträgliche verkehrliche Nutzung der Elbe nicht erreichbar.

Maßnahmen zur Anhebung der niedrigen und mittleren Wasserstände, die zu einer früheren Ausuferung der Elbe und damit zu einer naturnäheren Überflutungscharakteristik führen, wären zur Behebung der ökologischen Defizite erforderlich. Aus Sicht des NABU ist dies nur möglich, wenn die derzeitige Tiefenerosion durch Seitenerosion abgelöst wird. Daher gehören Maßnahmen zur Reduzierung des Sohlgefälles verbunden mit Uferentsiegelungen zu den zentralen Bestandteilen eines zukünftigen Regelungskonzeptes.

Da im GKE sowohl zum Hochwasserschutz als auch zur Neuausrichtung des Regelungssystems noch eine zielführende finale Handlungsstrategie zur Erreichung der Umweltziele erarbeitet werden muss, steht dies nun im Anschlussprozess an, bevor dann die Umsetzung des Konzeptes erfolgen kann.

 

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2016*17 – Meere und Ozeane.

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