Zum Wissenschaftsjahr 2018
Arbeiten an Deutschlands südlichstem Außenposten

Arbeiten an Deutschlands südlichstem Außenposten

Wie an der Kohnen-Station das antarktische Eis und Klima erforscht wird

In bis zu 3.000 Metern Tiefe wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das älteste Eis der Erde finden

Es ist einer der kältesten Arbeitsplätze der Welt. An der Kohnen-Station in der Antarktis herrschen in der Regel Tagestemperaturen von minus 25 Grad Celsius. Von März bis Oktober 2017 wird die Forschungsstation geschlossen, weil es zu kalt ist auf dem Eisplateau 2.892 Meter über dem Meeresspiegel. Prof. Dr. Olaf Eisen vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven ist bestens vertraut mit diesen Arbeitsbedingungen. Der Glaziologe reist alle zwei bis drei Jahre auf den südlichen Kontinent, um die Antarktis, ihr Eis und ihr Klima zu erforschen. Derzeit koordiniert er Forschungsprojekte von Bremerhaven aus.

Zwischen der Kohnen-Station und dem Südpol liegen 1.670 Kilometer

Die Kohnen-Station gilt als südlichster Außenposten der Bundesrepublik Deutschland. Gelegen auf 75 Grad südlicher Breite, sind es von hier lediglich 1.670 Kilometer bis zum Südpol. Die Station wurde 2001 auf einem Inlandeisplateau gebaut – als logistische Basis für Eisbohrungen und als Treibstofflager für Flugzeugexpeditionen.

Die Kohnen-Station bietet 20 Forscherinnen und Forschern gleichzeitig Platz, fast 800 Kilometer entfernt von der Neumayer-Station III und der Küste. Von der Forschungsstation machen sich regelmäßig bis zu sechs Kettenfahrzeuge auf die Reise übers ewige Eis, um die Kohnen-Station und ihre Besatzung zu versorgen.

An die Pistenbullys sind Schlitten unter anderem mit Wohn- und Proviantcontainern, Treibstoff und Stromgeneratoren angehängt. Etwa zehn Tage dauert die Tour von der Neumayer- zur Kohnen-Station. „Die Kohnen-Station steht auf dem flachen Inlandeis“, sagt Olaf Eisen. „Alles ist weiß, und weil im Sommer permanent die Sonne über den Horizont scheint, gibt es keine Nacht.“

Suche nach 1,5 Millionen Jahre altem Eiskern

Olaf Eisen koordiniert derzeit unter anderem ein Projekt zur Erkundung des ältesten Eises der Erde. In „Beyond EPICA – Oldest Ice“ (BEOI) wollen führende Eis- und Klimaforscherinnen und -forscher von 14 Instituten aus zehn europäischen Ländern den besten Ort für einen bis zu 1,5 Millionen Jahre alten Eiskern entdecken. Sie erhoffen sich davon, vergangene Klimaprozesse entschlüsseln und dadurch bessere Prognosen für die Zukunft treffen zu können.

In einer ersten Projektphase ist kurz vor Weihnachten eine Gruppe von Forscherinnen und Forschern von der Kohnen-Station aufgebrochen, um rund 1.000 Kilometer entfernt, in der Nähe des Dome Fuji, nach einem solchen Ort für den Eiskern zu suchen. In dieser Region wurde zuvor bereits eine Bohrung durchgeführt: „Aus früheren Studien haben wir Gebiete herausgearbeitet, in denen wir das älteste Eis der Erde vermuten“, sagt Olaf Eisen.

Gelingt es, das älteste Eis der Erde zu finden, würden in einer zweiten Projektphase von BEOI die Bohrungen beginnen – in bis zu 3.000 Meter Tiefe. Die Erkenntnisse sollen dazu beitragen, die Vorhersagen für die Klimaentwicklung zu verbessern und gezieltere Strategien zu entwickeln, um mit den Herausforderungen des Klimawandels umzugehen.

Bohrungen in den kältesten Gebieten der Antarktis

Einer anderen Forschungsfrage widmen sich die Bremerhavener Glaziologinnen und Glaziologen beim Projekt Coldest-Firn-Projekt (CoFi): Was passiert, wenn Schnee zu Eis wird? Dieser Prozess – Firnifikation genannt – findet 50 bis 120 Meter unter der Oberfläche statt: Der Schnee wird in diesen Tiefen immer stärker zusammengepresst und schließlich zu Eis komprimiert. Die offenen Lücken zwischen den Schneekristallen werden durch Firnifikation zu geschlossenen Luftblasen im Eis.

Wann und in welcher Tiefe Schnee zu Eis wird, hängt von den klimatischen Bedingungen ab. Wenn die Forscherinnen und Forscher herausfinden, wie die Firnifikation heute abläuft, können sie rekonstruieren, wie dieser Prozess zum Beispiel während der letzten Eiszeit aussah – und mit hoher Zuverlässigkeit sagen, was sich damals zuerst geändert hat: die Temperatur oder der CO2-Gehalt der Atmosphäre? Zu diesem Zweck bergen und analysieren sie Bohrkerne aus den kältesten Regionen der Antarktis.

18.01.2017

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