Zum Wissenschaftsjahr 2018
Eisalgen – Grundnahrungsmittel im ewigen Eis bedroht

Eisalgen – Grundnahrungsmittel im ewigen Eis bedroht

Ein Beispiel für die Folgen des Klimawandels.

Klimawandel wirkt sich auf die Nahrungskette im Arktischen Ozean aus

Eisalgen im Arktischen Ozean spielen eine überraschend wichtige Rolle in der Nahrungskette des Polarmeeres.

Wie Biologen des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), in einer aktuellen Studie nachweisen konnten, decken selbst Lebewesen in der Wassertiefe einen großen Teil ihres Energiebedarfs über Eisalgen. Fraglich ist was passiert, wenn deren frostiger Lebensraum im Zuge des Klimawandels weiter schwindet.

Arktische Eisalgen zählen zu den Anpassungskünstlern. Sie leben im Meereis oder an dessen Unterseite und benötigen kaum Licht für ihre Photosynthese. Eine ganze Truppe von Organismen stürzt sich auf diese Algen als Nahrungsquelle. Kleine Lebewesen wie Ruderfußkrebse, Flohkrebse und Flügelschnecken fressen die Eisalgen und werden wieder gefressen. Ein Forscherteam vom AWI analysierte bestimmte Fettsäuren in den Lebewesen des arktischen Meeres. Diese Substanzen flutschen in der Nahrungskette unverändert von einem Wesen zum anderen. Die für Eisalgen typischen Fettsäuren verrieten den Forschern somit, ob ein Tier über die Nahrung oder die Nahrungskette Kohlenstoff aus den Eisalgen aufgenommen hat.

Den Ergebnissen zufolge bezogen eisnah lebende Tiere zwischen 60 und 90 Prozent ihres Kohlenstoffs aus den Eisalgen. Aber auch in größeren Wassertiefen lebende Tiere wiesen Werte zwischen 20 und 50 Prozent auf. „Persönlich überrascht war ich vor allem vom Anteil im räuberischen Flohkrebs Themisto libellula, der im Freiwasser lebt und nicht an der Eisunterseite jagt. Wie wir jetzt wissen, stammen bis zu 45 Prozent seines Kohlenstoffgehalts aus Eisalgen, die wohl auf dem Speiseplan seiner Beutetiere standen“, erklärt Dr. Hauke Flores vom AWI. Bisher nahmen die Forscher an, dass sich diese Kleintiere hauptsächlich von Algen aus der Wassersäule ernähren. Zudem wurden die Proben im Sommer und damit nach der Blütezeit der Eisalgen im Frühling genommen. Wie die Ergebnisse in anderen Jahreszeiten aussehen lautet eine der Fragen für die Zukunft.

Je besser die Wissenschaft die arktische Tierwelt versteht, desto eher kann sie die Auswirkungen des Klimawandels auf das gesamte Ökosystem Nordpolarmeer voraussagen. Vor dem Hintergrund der neuen Ergebnisse scheinen die Prognosen düster. Das sommerliche Meereis in der Arktis schwindet rasant und mit ihm der Lebensraum für die Eisalgen.

„Wir wissen jetzt, dass Eisalgen eine viel wichtigere Rolle für das pelagische Nahrungsnetz spielen als angenommen. Diese Erkenntnis bedeutet aber auch, dass der Rückgang des Eises arktische Meeresbewohner wie Fische, Robben und am Ende auch den Eisbären viel tiefgreifender treffen könnte als bisher vermutet“, fasst Erstautorin Doreen Kohlbach vom AWI zusammen.

Die Ergebnisse sind jetzt online im Fachjournal Limnology & Oceanography erschienen.

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