Ameisen zeigen wie Arbeitsorganisation funktioniert

Ameisen organisieren ihr Zusammenleben und regeln komplexe Tätigkeiten ganz ohne Anweisung durch einen Entscheider.

Ein Team aus Biologen und Informatikern der Monash University in Melbourne erforscht, was wir Menschen von der Arbeitsorganisation der Ameisen lernen können. Der deutsche Informatiker Bernd Meyer untersucht dabei, ob sich am Beispiel der Ameisen das Verkehrswesen entlasten und Produktionsprozesse optimieren lassen.

In Ameisenkolonien koordinieren unzählige Individuen gleichzeitig komplexe Arbeitsschritte wie Nahrungssuche, Nachwuchspflege, Nestbau oder Verteidigung. „Die Ameisen treffen alle individuelle, kleinere Entscheidungen, die sich nur auf die direkte Umgebung beziehen. Es gibt niemanden, der das große Ganze im Blick behält, und doch hat die Kolonie den Überblick als eine Art Super-Organismus“, so Meyer.

Der Informatiker untersucht die mathematischen Prinzipien, die das Verhalten der Ameisen steuern. „Wir erstellen einen algorithmischen Blick auf die Art und Weise, wie die Ameisen interagieren“, erklärt er.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler spüren einzelnen Ameisen nach und erstellen dann ein Verhaltensmodell für mehrere zehntausend Individuen. Sie versuchen nachzubilden, was sie in einem Experiment sehen und überprüfen, ob ihr Model mit den erhobenen Daten übereinstimmt. Anschließend nutzen sie das Modell, um noch unbeobachtetes Verhalten vorherzusagen und zu erklären.

So fanden sie heraus, dass die Pheidole megacephala-Ameisen in der Lage sind, sich Veränderungen anzupassen. Sie wechseln die Nahrungsquelle, wenn sich eine bessere bietet. Laut Meyer konnten sich die Kolonien nur deshalb für die bessere Alternative entscheiden, weil einzelne Ameisen zuvor eine schlechte Entscheidung getroffen hatten. Individuelle Fehler trugen somit dazu bei, die Entscheidungen der Gruppe zu verbessern.

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„Unsere Modelle hatten das vorhergesagt, noch bevor wir eine Spezies gefunden hatten, die das tatsächlich tut“, erklärt Meyer. „Wenn das Individuum keine Fehler macht oder unangepasst agieren kann, übernimmt das Gruppendenken, und plötzlich machen alle das Gleiche. Sie können das mathematisch ausformulieren und es sieht so aus, als könnte man die mathematische Formel auf andere Systeme übertragen – komplett unterschiedliche Systeme, inklusive menschliche Gruppen.“

Meyer berichtet, dass viele Industrien bereits ihren Betrieb verbessern, indem sie Algorithmen verwenden, die von dem Verhalten der Ameisen abgeleitet werden. Dazu gehöre beispielsweise die australische Weinindustrie.

Wie sehr Ameisen von Umweltgiften und Klimaveränderungen betroffen sind, „gehört zu den Dingen, die wir versuchen zu verstehen“, so Meyer. Genauso wie „die größere philosophische Frage“, wie „wir eine Gesellschaft erreichen, in der Individuen sich zusammen für das Gemeinwohl einsetzen, ohne hierfür Regeln von oben herab zu diktieren“.

21.08.2018