Industriearbeitsplatz 2025: Wie arbeitet der Mensch in der Industrie 4.0?

Industrie 4.0 geht mit Umwälzungen einher. Forschende aus der Produktionstechnik suchen die Veränderungen möglichst menschengerecht zu gestalten. Sie sagen: Der Mensch wird auch in vollautomatisierten Fabriken nicht überflüssig.Die Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik (WGP) analysiert in ihrem Standpunktpapier „Industriearbeitsplatz 2025“ die Folgen von Digitalisierung und Vernetzung der deutschen Industrie. Welche Rolle spielt der Mensch in der Industrie 4.0? Der Transfer menschlicher Arbeitskraft auf autonome Systeme verändert nachhaltig den Arbeitsmarkt. Was bedeutet es, wenn weniger Fachpersonal aus heutigen Ausbildungsgängen gebraucht wird? Wirtschafts- und Bildungssystem müssen sich auf entsprechende Qualifikationsanforderungen sowie neue Berufsbilder und somit auch deren Auswirkungen auf die Ausbildung einstellen.

Um den Handlungsbedarf zu ermitteln, hat ein WPG-Team ein Modell entwickelt. Dieses Analyse-Werkzeug misst den Automatisierungsgrad in der Industrie und bietet einen Bestimmungsschlüssel für Gestaltung smarter Arbeitsplätze. Die WGP-Professorenschaft hat sich dabei am Stufenmodell für autonomes Fahren orientiert. Dessen Stufen reichen vom klassischen Autofahren über assistiertes Fahren bis hin zum automatisierten Transportsystem. Angewendet auf die Industrie beschreibt das Modell die unterschiedlichen Automatisierungsstufen bis zur Vollautomatisierung. Sie werden auf drei unterschiedliche Dimensionen angewendet: die Material- und Informationsflüsse (Vernetzung), den Anlagenzustand (Betriebszustand) und den jeweiligen Produktionsprozess.

Im Aufgabenbereich Vernetzung teilt sich die Skala in sechs Stufen. Auf Stufe 0 besitzt die Anlage keine Verbindung zu anderen Systemen; der Mensch an der Maschine gewährleistet den Material- und Informationsfluss. Auf der Stufe 4 interagiert die Anlage mit den Produktions- und Informationssystemen der Fabrik und dem Bedienpersonal. Ein Beispiel für diese Stufe sind kollaborative Roboter. Sie passen sich selbstständig an die individuellen Fähigkeiten und Verhaltensweisen des Personals an. Auf Stufe 5 interagiert das System dann autonom mit der Umwelt.

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Das Standpunktpapier überträgt das Modell anhand von Forschungsbeispielen auf die drei Dimensionen. „Unternehmen können dieses Modell nutzen, um den Automatisierungsgrad ihrer unterschiedlichen Produktionsprozesse zu bestimmen und daraus abzuleiten, wo Handlungsbedarfe bestehen“, sagt der Darmstädter Professor Peter Groche, Initiator des WGP-Papiers. Die Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine rücken in den Fokus. „Ältere Modelle werden dem nicht gerecht. Gerade die zukünftige Verbindung des Menschen mit maschinell lernenden Systemen in der Fabrik müssen wir genauer betrachten“, so Groche.

Die WGP zeigt sich überzeugt, dass Menschen auch in der Industrie 4.0 nicht überflüssig werden. Der Faktor Aus- und Weiterbildung werde dabei entscheidend helfen. Es sei ohnehin „noch ein weiter Weg“ bis zur Vollautomatisierung der deutschen Industrie.

30.08.2018