Das Teilzeitmodell im Umbruch

Die junge Mutter schaut nervös auf die Uhr. Gleich schließt die Kita und eben hat ihr der Abteilungsleiter noch eine weitere Akte mit der Bitte um zeitnahe Bearbeitung auf den Tisch gelegt. „Hat das Zeit bis morgen?“ Diese Frage lässt ihr Vorgesetzter im Raum stehen. Viele in Teilzeit arbeitende Mütter kennen solche Situationen, aber stellen Frauen immer noch den weitaus größeren Anteil an Teilzeitbeschäftigten? Und gelten diejenigen Frauen und Männer, die in Teilzeit arbeiten, im Unternehmen als weniger engagiert und effizient?

Diesen und weiteren Fragen geht die aktuelle Arbeitszeitstudie des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen nach. Im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) hat das IAQ die Entwicklungen nach Geschlecht und Statusgruppen untersucht. Dabei zeigten sich wesentliche Veränderungen. So hat sich die Kluft zwischen den tatsächlichen Arbeitszeiten von Frauen und Männern in der letzten Dekade zahlenmäßig verringert. Expertinnen und Experten bezeichnen den Geschlechter-Unterschied bei den Arbeitszeiten als sogenannten Gender Time Gap. Mit 8,9 Stunden ist diese Lücke jedoch immer noch beträchtlich. In den Arbeitsalltag übersetzt heißt das: Jede zweite Frau arbeitet in Teilzeit, aber nur jeder zehnte Mann ist nicht voll beschäftigt.

Insbesondere Mütter von noch nicht schulpflichtigen Kindern arbeiten heute jedoch länger als früher, stellen die IAQ-Forscherinnen und Forscher fest. Offensichtlich zeigen das breitere Angebot an Kinderbetreuung, der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für ein- und zweijährige Kinder und das Elterngeld hier Wirkung. Allerdings existieren nach wie vor Anreize für das männliche Ernährermodell. Die Forscherinnen und Forscher sehen im steuerlichen Ehegattensplitting einen Grund für verheiratete Frauen, im Job kürzer zu treten. Zudem sinkt die Arbeitszeit der Frauen mit der Anzahl der Kinder. Bei Männern wirkt sich die Elternschaft dagegen deutlich geringer aus.

Das IAQ-Team fand auch heraus, dass Teilzeit in der Industrie keine große Rolle spielt. Im Einzelhandel und im Gastgewerbe dagegen arbeitet nahezu jeder zweite Beschäftigte nicht voll. Für Frauen bleibt Teilzeit eng mit Familie und Betreuungsverpflichtungen verknüpft. Männer arbeiten vor allem am Anfang und Ende ihres Erwerbslebens kürzer. Viele vollzeitbeschäftigte Frauen und Männer möchten im Job kürzertreten. Teilzeitbeschäftigte wünschen sich hingegen häufig eine Stundenaufstockung. Kurze Teilzeit ist bei Männern und Frauen gleichermaßen unerwünscht, Frauen präferieren kurze Vollzeitmodelle. Männer machen insgesamt mehr Überstunden und Mütter nutzen häufiger als kinderlose Männer und Frauen flexible Arbeitszeiten.

Die Studie macht deutlich, dass sich der deutsche Arbeitsmarkt in einer Übergangsphase befindet. Die Forschungsgruppe erkennt deutliche Signale an die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Diese sollten ihren Beschäftigten mehr Selbstbestimmung und Mitsprache bei den Arbeitszeiten einräumen. Insbesondere Mütter und Väter bräuchten Hilfe, den Spagat zwischen Beruf und Familie schaffen.


25.01.2018