Der Glaube an grenzenlose Willenskraft erhöht die Fähigkeit zur Selbstkontrolle

Gute Vorsätze zum neuen Jahr umzusetzen erfordert oft große Willenskraft. Und wer glaubt, dass diese unbegrenzt zur Verfügung steht, kann länger anhaltende mental anstrengende Aufgaben besser bewältigen. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung (IfADo), bei der es um die individuelle Einschätzung von Willenskraft und Selbstkontrolle am Arbeitsplatz ging.

In vielen Bereichen der Arbeitswelt ist es selbstverständlich, dass die Beschäftigten ihre Gefühle im Griff haben müssen. Vom Verkaufspersonal beispielsweise wird stets Freundlichkeit erwartet. Dies erfordert ein hohes Maß an Selbstkontrolle, was auf Dauer anstrengend und erschöpfend sein kann. Das Dortmunder Forschungsteam fand nun heraus, dass diejenigen mit der Situation besser zurechtkommen, die davon überzeugt sind, über ein unbegrenztes Reservoir an Willenskraft zu verfügen. „Probanden, die bei der Arbeit ihre Emotionen kontrollieren mussten, profitierten unmittelbar von der Vorstellung, dass Willenskraft nahezu unbegrenzt verfügbar ist. Sie fühlten sich weniger erschöpft durch die Emotionsarbeit, auch zu Hause nach einem anstrengenden Arbeitstag“, beschreibt Studienautorin Anne-Kathrin Konze vom IfADo die Ergebnisse der Arbeit.

Das Team um Konze führte dazu eine Tagebuchstudie mit 71 Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch. Diese beantworteten an zehn aufeinanderfolgenden Arbeitstagen zweimal pro Tag online einen Fragebogen: Nachmittags wurde abgefragt, wie häufig die Probandinnen und Probanden am Tag ihre Emotionen der jeweiligen Situation anpassen und somit Selbstkontrolle ausüben mussten. Zudem ging es um die Frage, wie erschöpft sie sich fühlten. Abends mussten sie erneut ihr Wohlbefinden bewerten. Vor Beginn der Befragung war zudem erhoben worden, welche Vorstellung sie über Willenskraft haben.

„Unsere Willenskraft ist möglicherweise nicht so stark begrenzt, wie wir ursprünglich vermutet haben. Gehen wir dennoch davon aus, dass unsere Fähigkeit zur Selbstkontrolle schnell aufgebraucht ist, werden wir gewohnheitsmäßig unsere eigenen Fähigkeiten unterschätzen“, fasst Konze zusammen.

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Dabei komme es auch auf die Unternehmenskultur an: „In einem Unternehmen, in dem eher die Grenzen des Machbaren betont statt Möglichkeiten herausgestellt werden, können Mitarbeitende dazu verleitet werden, an eine sehr stark begrenzte Ressource der Willenskraft zu glauben. Das kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass einzelne Teammitglieder das Optimum ihrer Leistungsfähigkeit verfehlen“, erläutert die Arbeitspsychologin, deren Studie im „European Journal of Work and Organizational Psychology“ veröffentlicht wurde.

Das IfADo - Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund erforscht Potenziale und Risiken moderner Arbeit auf lebens- und verhaltenswissenschaftlicher Grundlage.

03.01.2019