Soft-Orthese mit Echtzeitanalyse hilft Rückenbeschwerden zu verhindern

Stundenlang gebückt arbeiten, schwer heben und schleppen – wer solche Tätigkeiten längere Zeit ausübt, hat oft Rückenbeschwerden.

Ein Fraunhofer-Forschungsteam hat jetzt eine intelligente Soft-Orthese entwickelt: Sie entlastet den Rücken, animiert dazu, belastende Bewegungsabläufe ergonomisch auszuführen und signalisiert sekundenschnell, wenn die Tragenden gesundheitsschädliche Bewegungen ausführen.

Orthesen sind medizinische Hilfsmittel. Ihre Aufgabe ist es, Körperteile wie Gelenke, Rücken oder Gliedmaßen zu stabilisieren, Schmerzen zu lindern und vor Fehlbewegungen zu schützen. Herkömmliche Produkte können jedoch nicht vermitteln, welche Bewegungen wir vermeiden können. Anders die Neuentwicklung in Westenform: „Alleinstellungsmerkmal unserer softrobotischen Oberkörper-Orthese ist eine Echtzeit-Bewegungsanalyse. Eigens entwickelte Algorithmen, die auf Machine Learning und KI basieren, ermöglichen die Ergonomieanalyse. Dadurch unterscheidet sich die Orthese von handelsüblichen Exoskeletten, also Stützrobotern, die prinzipbedingt alle – auch unergonomische Bewegungen – einfach nur kraftunterstützen und lediglich die Belastungskräfte des Tragenden aus überlasteten in weniger belastete Körperareale umleiten“, erläutert Henning Schmidt vom Berliner Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK. Das IPK hat zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM die Orthese entwickelt.

Wer sie trägt, erhält per Vibrationsalarm in Echtzeit Feedback, wenn er Haltungen einnimmt oder Bewegungen ausführt, die gesundheitsschädlich sind. Dafür sorgen Bewegungssensoren, die innerhalb weniger hundert Millisekunden vorgelernte Bewegungsmuster mit der tatsächlich ausgeführten Bewegung abgleichen und die Information dann auswerten. Derzeit arbeiten die Forscherinnen und Forscher daran, die Elektronik und die Sensorik der Textilversion der Orthese so zu verkapseln, dass sie waschbar sind und nicht jedes Mal aus der Weste entnommen werden müssen.

Das Hilfsmittel eignet sich vor allem für Beschäftigte der Logistikbranche und Produktionsmitarbeitende, die schwere Lasten heben müssen. Ein Prototyp soll Anfang April auf der Hannover Messe (1. bis 5. April) vorgeführt werden. Es soll ihn künftig in zwei Ausführungen geben: als rein sensorische Textilweste und zusätzlich mit Kraftunterstützung.

05.03.2019