Kurz und Knapp

  • Um die große Nachfrage der Autoindustrie nach Trainingsdaten für das autonome Fahren bedienen zu können, haben sich spezialisierte Crowdworking-Plattformen gegründet.
  • Sie sind auf qualifizierte Online-Arbeitskräfte angewiesen und bieten ihnen deshalb bessere Arbeitsbedingungen als andere Plattformen, wie eine Studie zeigt.
  • Doch der globale Wettbewerb im Crowdwork hat zur Folge, dass die Stundenlöhne bei ein bis zwei Euro liegen und Menschen aus Industrieländern kaum konkurrieren können.

Studie zu Crowdworking-Plattformen für autonomes Fahren

Damit aus selbstlernenden Algorithmen selbstlenkende Fahrzeuge werden können, braucht es zunächst viel menschliche Arbeit, die von Crowdworkerinnen und -workern weltweit geleistet wird. Sie bringen den lernenden Maschinen das Hören, das Sehen und das umsichtige Fahren bei, indem sie Millionen Bilddateien mit Verkehrssituationen präzise so aufbereiten, dass sie für die KI zu verarbeiten sind. Eine Studie über die Arbeitsbedingungen bei spezialisierten Crowdworking-Plattformen belegt nun: Zwar sind die Arbeitsbedingungen besser als bei herkömmlichen Plattformen, aber der Verdienst ist aufgrund des harten Wettbewerbs äußerst niedrig.
In den Markt für das autonome Fahren drängen zahlreiche Firmen, nicht nur die großen Automarken. Sie benötigten für das Funktionieren ihrer Algorithmen hochpräzise Trainingsdaten, erläutert Florian Alexander Schmidt von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden, der die von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie durchführte. Gebraucht werden Millionen von Fotos aus dem Straßenverkehr, bei denen jedes abgebildete Pixel einer Szene einem Objekt zugeordnet wurde. Fahrbahnmarkierungen, Fahrzeuge und Fußgänger müssen exakt voneinander abgegrenzt und mit Zusatzinformationen versehen werden, damit beim maschinellen Lernen daraus Regeln abgeleitet und Softwaremodelle entwickelt werden können.

Die Arbeit übernehmen Crowdworkerinnen und –worker. Es haben sich zahlreiche auf diese Art der Tätigkeit spezialisierte Crowdworking-Plattformen entwickelt, die mehr Qualitätsmanagement betreiben als andere dieser Plattformen. „Durch die Investition in das Training der Crowd kennen die Plattform-Betreiber ihre Arbeiterschaft besser und haben ein größeres Interesse daran, sie auf der Plattform zu halten“, berichtet Schmidt, der sowohl Plattform-Chefinnen und Chefs als auch Arbeiterinnen und Arbeiter interviewt hat.

Doch auch wenn sich Letztere respektvoller behandelt und verlässlicher bezahlt sehen als von herkömmlichen Anbietern – sie arbeiten oft für eine Entlohnung von umgerechnet ein bis zwei Euro pro Stunde. Dies hängt nach Schmidts Erkenntnissen damit zusammen, dass immer mehr Menschen auf der Suche nach Arbeit sind. „Der Wert der Arbeit ist permanent aus zwei Richtungen bedroht: durch das ständige Wettrennen mit der Automatisierung und dadurch, dass die Arbeit dynamisch zu jenen Menschen auf der Welt fließt, welche die niedrigsten Löhne zu akzeptieren bereit sind – sei es, weil es sich um Hobbyisten handelt oder weil ihre wirtschaftliche Not besonders groß ist.“

So gebe es zum Beispiel Tausende Venezolaner, für die Crowdarbeit „zur Devisen bringenden Lebensader geworden“ sei, sagt Schmidt, der Experte für Designkonzeption und Medientheorie ist. Diejenigen aus Industrieländern, die ernsthaft Geld verdienen wollten, könnten meist nur noch in Nischenbereichen mithalten, etwa wenn sensible Daten aus Sicherheitsgründen nur in bestimmten Regionen bearbeitet werden dürften oder bei Audiodaten besondere Sprach- oder Dialektkenntnisse gefragt seien.

 

21.05.2019

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