Für Herz und Seele

Gittermodell von Herz

Für den einen bedeutet gesund, dass das Herz nicht aus dem Takt gerät. Für den anderen ist es wichtig, das seelische Gleichgewicht wieder herzustellen.

Mannigfach sind die Antworten auf die Frage, wie die konkrete Arbeit der Gesundheitsforscherinnen und -forscher aussieht. Allerdings geht der wissenschaftlichen Liebe zum kleinen Detail (fast) immer die große Faszination für grundlegende Fragen voraus.

Roland Hetzer, Ärztlicher Direktor des Deutschen Herzzentrums Berlin, ist fasziniert von der metaphorischen Bedeutung des menschlichen Herzens: „Fast alle Kulturen der Erde sehen das Herz als Sitz der Seele oder der Liebe an“, sagt der Forscher. Medizinisch gesehen bewundert er vor allem „die Arbeitsleistung des Herzens“, an die kein künstliches System, wie ein Computer-Laufwerk oder ein Motorblock im Auto, auch nur im Entferntesten heranreiche: „Bis zum Alter von 80 Jahren hat das Herz etwa drei Milliarden Kontraktionen mit einer Pumpleistung von rund 210 Millionen Liter Blut durchgeführt.“ Hetzer forscht an der Weiterentwicklung von Kreislaufunterstützungssystemen. Er hat am Deutschen Herzzentrum Berlin das größte Kunstherzprogramm der Welt aufgebaut, in dem bereits mehr als 1.600 Unterstützungssysteme implantiert wurden. Das Neue daran: Sie dienen nicht nur zur Überbrückung der langen Wartezeit auf ein Spenderorgan, sondern sollen künftig auch auf die gesamte Lebensdauer eines Patienten ausgelegt sein. „Wir modifizieren eine vielfach angewendete Rotationspumpe so, dass sie nicht nur eine, sondern beide Herzkammern unterstützt.Dadurch kann das natürliche Herz des Patienten im Körper verbleiben, das heißt: Das Herz wird nicht mehr ersetzt, sondern unterstützt.“

Ähnlich grundlegend wie die Frage nach der kulturhistorischen Bedeutung des Herzens, ist für Marcella Rietschel, Wissenschaftliche Direktorin am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, die Frage danach, was uns Menschen charakterisiert: „Das wollte ich schon als Jugendliche wissen“, erinnert sie sich, „mich interessiert, was uns antreibt, was uns ausmacht.“ Heute sucht die Oberärztin, Psychiaterin und Psychotherapeutin als eine Art Datensammlerin nach Auslösern für psychische Krankheiten – und hofft darauf, einige Antworten in den Genen zu finden.

Der Wissenschaftler Roland Jahns von der Uniklinik Würzburg wiederum träumt davon, eines Tages alle Autoimmunkrankheiten therapieren zu können. Er will eine Art Abfangjägersystem aufbauen, das das menschliche Herz schützt, wenn sich das Immunsystem gegen den eigenen Organismus richtet. „Manchmal wenden sich körpereigene Antikörper fälschlicherweise gegen das Herz, genauer: gegen den Adrenalin-Rezeptor in der Wand der Herzmuskelzellen“, erklärt er. „Die Autoantikörper sorgen dann – wie das Stresshormon Adrenalin – dafür, dass das Herz heftiger schlägt, sich schneller erschöpft, und im Laufe der Zeit nur noch eingeschränkt funktioniert.“ Jahns will solche schädlichen Antikörper schon im Blut neutralisieren und ist bei der Suche nach Helfern auf stabile kleine Eiweißringe, so genannte Zyklopeptide, gestoßen.

Warum ein Mensch krank wird und warum eine Therapie welche Wirkung zeigt – diese Frage sei faszinierenderweise nie zu Ende zu denken, sagt Wolfgang Hoffmann, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Community Medicine der Universität Greifswald. Der Arzt analysiert Faktoren und Bedingungen, die die Gesundheit und Krankheit von Menschen beeinflussen, zum Beispiel Umwelteinflüsse wie Lärm. Dabei leistet er sogar der Soziologie medizinischen Beistand: „Wir arbeiten an Konzepten für die Lebensgestaltung einer wachsenden Zahl älterer Menschen. Zum Beispiel daran, wie wir die jungen Alten telemedizinisch unterstützen können.“

 

Wissenswertes

  • Das Herz bildet sich beim Menschen schon ab der dritten Woche der Embryonalentwicklung.
  • Das Herz des Embryos beginnt das erste Mal in der vierten Schwangerschaftswoche zu schlagen. Dann ist der Embryo etwa fünf Millimeter groß.
  • Das gesunde Herz wiegt etwa 0,5 Prozent des Körpergewichts – im Durchschnitt zwischen 300 und 350 Gramm.
  • Jede Minute pumpt das menschliche Herz zwischen fünf und sieben Liter Blut durch den menschlichen Körper.
  • Die Geschichte des Herzens als Symbol beginnt rund 5.000 Jahre v. Chr. in Form eines stilisierten Feigenblattes. Die herzförmige Frucht des Feigenbaumes steht in vielen Kulturen für die Liebe und Geschlechtervereinigung.
  • Bei rund 100.000 Herzschlägen pro Tag werden rund 7.000 Liter Blut transportiert.
  • Aristoteles und viele andere klassische Philosophen hielten das Herz für den Sitz von Gedanken und Gefühlen.
  • Das rote Herz als Symbol wurde in Europa dadurch bekannter, dass es ab Ende des 15. Jahrhunderts auf Spielkarten zu finden war.
  • Die Redensart „ein Herz und eine Seele sein“ wird umgangssprachlich für die enge Verbindung von zwei Menschen beziehungsweise eine tiefe Freundschaft verwendet.

 

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