19 Wie ermöglichen wir jedem Menschen, nachhaltig zu handeln?

Mit welchen Maßnahmen und Anreizen für Individuen, Industrie und Politik kann mehr Nachhaltigkeit erreicht werden? Eine Frage dabei ist, wie ein nachhaltiger Lebensstil für alle Menschen erschwinglich werden kann. In diesem Zusammenhang fragen die Bürger*innen, welche kurz- und langfristigen Schritte Industrie, Politik und Zivilgesellschaft ergreifen müssen.

Einordnung:

Warum verhalten sich viele von uns (noch) nicht immer nachhaltig? Forschung zu dieser Frage erkundet, wie Normen, Gewohnheiten, Meinungen, gute Vorsätze, Botschaften und Anreize unser Verhalten beeinflussen. Diese Anreize müssen nicht materiell sein. Möglich sind auch positives Feedback und zwischenmenschliche Anerkennung. Dabei sind wir stark von den Normen und Werten geprägt, die uns gesellschaftlich vermittelt werden.

Das beinhaltet auch Normen zum Konsum. Sie beeinflussen, wie viele neue Produkte und neue Anschaffungen wir als normal betrachten. Gleichzeitig braucht Nachhaltigkeit mehr als nur individuelle Entscheidungen. Es bleibt wichtig, individuelles Verhalten im Kontext von anderen Akteuren und Strukturen zu betrachten. Daher erkundet die Forschung in diesem Bereich auch, wie einzelne Menschen durch demokratische Prozesse und kollektives Handeln Einfluss auf Politik und Firmen nehmen können und wie nachhaltiges Leben auf struktureller Ebene vereinfacht werden kann.

Das reicht von kleinen Veränderungen oder “Nudges” (“Anschubser”, bei denen zum Beispiel die klimafreundlichste Option auf einer Speisekarte hervorgehoben wird) bis zur Schaffung von Voraussetzungen, die nachhaltiges Handeln überhaupt erst ermöglichen. Dazu gehört beispielsweise der (Aus-)Bau von Bahn- und Busanbindungen. Hier müssen sich Strukturen ändern, damit nachhaltige Optionen ökonomisch tragbar werden und unabhängig vom Einkommen für alle verfügbar sind. Dabei muss die Rolle des gesellschaftlichen Diskurses zwischen Individuen, Industrie, Politik und Wissenschaft thematisiert werden.

Ausblick

In diesem Cluster ergibt sich der Anspruch an die Wissenschaft, einerseits spezifische Strategien für heutiges Handeln zu erforschen, zum Beispiel, um klimafreundliche Ernährung zu ermöglichen und umzusetzen. Andererseits brauchen wir längerfristige und themenübergreifende Strategien, um große, sogar radikale Veränderungen gemeinsam zu bewältigen.

Forschende müssen sich folglich mit Zukunftsszenarien befassen, beispielsweise in welcher Welt unsere Kinder leben werden oder wie eine Welt ohne Autos aussehen könnte. Dafür ist z.B. wichtig, dass wir verstehen, wie und warum sich gesellschaftliche Werte zu Nachhaltigkeit und Konsum verändern, wie Einzelne dazu beitragen können, und wie deren Verhalten sich in kollektives Handeln skalieren lässt.

Wir brauchen außerdem Forschung, die Verbindungen zwischen verschiedenen Nachhaltigkeitsdimensionen wie ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit herstellt. Nur wenn dies gelingt, ist nachhaltiges Handeln kein moralischer Luxus, sondern wird für alle Menschen machbar, unabhängig vom Einkommen. Nicht zuletzt ist es wichtig, Lösungen wie Anreizstrukturen nicht nur theoretisch zu erforschen. Vielmehr muss die Wissenschaft auch in den Austausch mit Politik, Industrie, und Zivilgesellschaft gehen, damit neue Ansätze umgesetzt werden können.

Autorin: Dr. Sophie Lohmann

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