„Der Mensch fühlte sich unkontrollierten Geräuschkulissen ausgeliefert“

Der Historiker Dr. Heiner Stahl spricht über die Veränderung von urbanen Geräuschkulissen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Er erforscht die akustischen Quellen, aus denen sich das Klanggedächtnis von Individuen, sozialen Gruppen und Gesellschaften zusammensetzt. Dr. Heiner Stahl, Historiker an der Universität Siegen, erklärt die Unterschiede von Stadtklängen heute und im 19. Jahrhundert.

Heimer Stahl

Wie hat sich der Stadtklang im Laufe der Jahrhunderte verändert?

Mit dem Aufkommen der maschinellen Fertigung ist der Klang von Fabriken zum zentralen Bestandteil städtischer Geräuschkulissen geworden. Das unterscheidet die Geräuschkulissen von heute und der Zeit vor 1870 grundlegend. Eine Vielzahl unterschiedlicher Lärmquellen erzeugt ein hintergründiges Rauschen, das durchaus prägend für unseren städtischen Alltag ist.

Wie haben sich diese Veränderungen auf den Menschen ausgewirkt?

Ich würde behaupten, dass diese Fragestellung in der Geisteswissenschaft überhaupt noch nicht thematisiert wurde und in Feldern wie der Psychologie unterrepräsentiert ist. Geräuschkulissen haben den Menschen gestresst und ihn möglicherweise aggressiv gemacht. Er fühlte sich diesen unkontrollierten und nicht begrenzbaren Geräuschkulissen ausgeliefert.

Wie werden die Städte in 50 Jahren und in 500 Jahren klingen?

Ich möchte eine Prognose wagen und sage, dass der Antrieb von Kraftfahrzeugen schon in 50 Jahren deutlich leiser wird. In 500 Jahren werden die Gerätschaften möglicherweise so leise sein, dass Lärm und Geräusche, wie wir sie jetzt kennen, sicherlich nicht mehr produziert werden. Vielleicht werden Menschen dann Implantate haben, die ihnen eine bestimmte Geräuschkulisse pointiert für eine Augmented Reality, also einer computergestützten Erweiterung der Realitätswahrnehmung, einspielen.

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