Die Stadt „stimmen“

Thomas Kusitzky ist Klangforscher aus Berlin. Er erklärt, was Akustische Stadtplanung ist, warum der Klang einer Stadt bei ihrer Planung berücksichtigt werden sollte und ob sich der Klang deutscher Städte voneinander unterscheidet.

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Im folgenden das Interview im Wortlaut:

Thomas Kusitzky

Was bedeutet „Akustische Stadtplanung“?

Eine Stadtplanung, welche die auditive Dimension mitberücksichtigt, beschränkt sich nicht auf das visuelle Erscheinungsbild einer Stadt. Man ist sich dabei bewusst, dass Städte immer auch hörend wahrgenommen werden und dass Klang entscheidend dafür ist, wie wir unsere Städte erleben und letztlich auch bewerten. Bei einer Stadtplanung, die die auditive Dimension mitberücksichtigt, wird der Klang von Anfang an mitgedacht und mitentworfen. Dabei geht es nicht nur um Lärm oder darum, Stille zu erreichen. Es geht um einen Klang, der sehr vielschichtiger und facettenreicher ist. Also dieser Klang kann mal ruhig und entspannt sein durchaus, er kann aber eben auch hektisch oder lebendig sein, wie es zum Beispiel auf einem Wochenmarkt der Fall ist.

Warum ist es so wichtig, die auditive Dimension zu berücksichtigen?

Wir hören immer und überall, also Klang ist unumgänglich, Teil unseres städtischen Lebens und ob wir wollen oder nicht – oder ob es uns bewusst ist oder nicht - durch die Art und Weise, wie wir unsere Städte errichten und wie wir sie organisieren, bestimmen wir unausweichlich auch ihren Klang. Da Klang in seiner Vielfalt allerdings bislang nicht bewusst geplant und gestaltet wird, ist es notwendig, Strukturen und Techniken – oder auch Konventionen - für eine gezielte Planung der auditiven Dimension zu entwickeln. Und eine Stadtplanung, welche die auditive Dimension mitberücksichtigt, kann entscheidend zu einer besseren Lebensqualität in der Stadt beitragen.

Was kann passieren, wenn auf die Akustik nicht geachtet wird?

Ja, was passieren kann, wenn der Klang nicht Teil der Planung ist, das kann man eigentlich täglich beobachten. Es entstehen städtische Räume und Situationen, die oftmals gar nicht unsere Erwartung erfüllen, also sind dann ungemütlich oder der Klang scheint unpassend. Grund dafür ist häufig, dass aufgrund der fehlenden Berücksichtigung der Klang nicht dem entspricht was eigentlich in der Planung als Qualität für den Ort angestrebt wurde. Ein Beispiel, das sogenannte Forum des Sony Centers am Potsdamer Platz in Berlin: Mich erinnert das eigentlich immer mehr an ein Flugzeughangar, was man da hört, und die vielen Menschen, die sich ja durchaus dort aufhalten, die sind klanglich bemerkenswerterweise kaum präsent. 

Was könnte denn alles möglich sein, wenn darauf geachtet werden würde?

Ein Beispiel, was mir da einfällt, ist ein Ort am Spreeufer in Berlin. Dieser Ort ist geschützt durch ein großes Gebäude, auf der anderen Seite gibt es dort durch die Breite der Spree an dieser Stelle einen sozusagen klanglichen Überblick über die Stadt. Also, es gibt eine Weite, man kann die Größe der Stadt erahnen durch den Klang und gerade diese Weite des Hörens ist eine besondere Qualität dieses Ortes. Derzeit entstehen solche Orte nicht durch eine bewusste Planung des Klangs – bestenfalls entsteht ein solcher Ort intuitiv aufgrund der langen Arbeitserfahrung der Planer.

Unterscheiden sich deutsche Städte im Klang voneinander? 

Grundsätzlich ja. Das hängt einfach mit der unterschiedlichen Art und Weise zusammen, wie Städte gebaut und organisiert sind. Weil das sind die Bedingungen dafür, wie sie klingt – oder für ihr klangliches Erscheinen. Ein Beispiel, die breiten Straßen in Berlin, dort breitet sich der Schall ganz anders aus als in verwinkelten und engen Gassen von Städten, die jetzt eher einen mittelalterlichen Kern haben wie Erfurt zum Beispiel. Oder die Hafenstadt Hamburg, sie bringt ganz andere Klänge hervor als Hannover beispielsweise mit den vielen Grünanlagen, die es dort gibt. Ob wir diese Unterschiede allerdings bewusst wahrnehmen, ist eine ganz andere Frage, wahrscheinlich wird es eher so sein, dass die klanglichen Unterschiede eher intuitiv als Teil der typischen Gesamtatmosphäre der jeweiligen Städte erlebt werden.

Vielen Dank!

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