Bei dir piept’s wohl?!

Dr. Henrik Brumm ist Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen bei München. Er erklärt, warum Vögel in der Stadt anders als auf dem Land singen und berichtet von einem Forschungsprogramm über die Wirkung von Lärm auf Vögel.

Gerne können Sie das Interview redaktionell verwenden. Bitte kontaktieren Sie bei Interesse presse(at)wissenschaftsjahr-zukunftsstadt.de.

Im folgenden das Interview im Wortlaut:

Dr. Henrik Brumm

Warum singen Vögel überhaupt?

Vögel singen grundsätzlich aus zwei Gründen. Das eine ist, dass sie damit ihre Territorien verteidigen und der andere Grund ist, dass sie damit Paarungspartner anlocken. Das heißt, der Vogelgesang hat so ganz wichtige Funktionen für die Vögel, ohne den Gesang können sie sich nicht fortpflanzen, also zumindest die meisten Vögel.

Klingen Vögel in der Stadt und auf dem Land unterschiedlich?

Ja, das ist ganz spannend. Die Vögel in der Stadt singen tatsächlich anders als die Vögel auf dem Land und das hat höchstwahrscheinlich vornehmlich mit dem Lärm zu tun. Und das führt dazu, dass die Vögel in der Stadt gezwungen werden, durch den Verkehrslärm immer lauter zu singen. Je lauter wir sind, je lauter die Menschen sind und je mehr Krach wir machen, desto lauter müssen auch die Vögel singen, um das zu kompensieren, damit die sich überhaupt Gehör verschaffen können. Einen weiteren Unterschied zwischen Stadt- und Landvögeln gibt es bei den Vogelarten, die besonders viele Laute aus ihrer Umwelt auch in ihr Repertoire aufnehmen. Da hat man jetzt in den letzten Jahren herausgefunden, dass Stare und andere Vögel, Handyklingeln in den Städten zum Beispiel imitieren können.

Warum und vor allem wie tun sie das?

Die Singvögel hier in unseren Breiten, die lernen ihren Gesang. Die sind damit nicht geboren, sondern die müssen das lernen, so wie wir Menschen auch sprechen lernen. Normalerweise sind es die Laute von Artgenossen, die den arteigenen Gesang singen und dann schauen sie sich das ab und üben das. Und warum sie das machen, da vermutet man, dass es etwas mit der Wahl der Weibchen zu tun hat. Bei einigen Vogelarten ist es so, dass die Weibchen Männchen bevorzugen, die besonders variantenreich singen, die besonders große Repertoires haben und besonders viele verschiedene Noten oder Elemente produzieren können. Das heißt also, ein Männchen, das besonders viel und variantenreich singt, das hat dann einen Vorteil in der Fortpflanzung. Deswegen ist es von Vorteil, wenn sie dann zum Beispiel auch Töne aus der Umwelt aufnehmen, wie Handyklingeln oder den Gesang von anderen Arten.

Was passiert, wenn der Stadtlärm für die Vögel zu laut wird?

Die Vögel können so einen gewissen Teil des Lärms kompensieren, aber irgendwann ist auch damit mal Schluss. Wenn es zu laut wird, dann können sich die Vögel untereinander nicht mehr verständigen, sie benutzen ihren Gesang zur Kommunikation, auch im Zusammenhang eben mit der Fortpflanzung. Wenn es zu laut wird und sie sich nicht mehr verständigen können, dann haben sie Probleme, ihre Reviere zu verteidigen und dann können sie auch keine Paarungs-Partner mehr anlocken. Das heißt, sie können sich nicht mehr fortpflanzen. Das hat ganz dramatische Konsequenzen, wenn es zu laut ist, dann sind die Städte für die Vögel keine geeigneten Habitate mehr, die können sich da nicht fortpflanzen und haben dann große Einbußen sozusagen in der Populationsdynamik.

Hat der Lärm auch psychologische Folgen für die Vögel?

Leider wissen wir für die Vögel noch nicht genau, welche Konsequenzen das hat. Vom Menschen weiß man, dass Lärm krank machen kann, aber bei den Vögeln wissen wir das noch nicht. Da sind wir gerade mit einem Forschungsprogramm dran, das herauszufinden. Da untersuchen wir nämlich gerade, ob Verkehrslärm bei Vögeln Stress auslöst, ob sie sozusagen erhöhte Stresshormonwerte haben. Und dann im nächsten Schritt schauen wir uns an, wenn das so der Fall ist, welche Konsequenzen hat das, können sich die Vögel dann schlechter fortpflanzen, haben sie ein schwächeres Immunsystem, sterben sie vielleicht früher durch diesen Stress? Das sind ganz wichtige Parameter, um abschätzen zu können, wie der Lärm der Städte auch auf die Wildtiere wirkt und wir können die Wildtiere dann auch als Modell benutzen, um Krankheiten beim Menschen besser zu verstehen – aber da sind wir im Moment noch ganz am Anfang.

Vielen Dank!

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