Neue Pflanzen braucht das Land - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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12.03.2021

Neue Pflanzen braucht das Land

Kurz & Knapp
  • Die Erweiterung des Spektrums an Nutzpflanzenarten in der Landwirtschaft ist ein potenzieller Beitrag zum Schutz der Biodiversität.
  • Grundlegendes Verständnis der Ökosysteme landwirtschaftlich genutzter Flächen ist essentiell zum Erhalt der Biodiversität.
  • Pflanzenforschung liefert Grundlagen zur züchterischen Anpassung von Nutzpflanzen an klimatische Veränderungen und an die Bedingungen eines nachhaltigen Pflanzenbaus.

Neue Pflanzen braucht das Land

Ein Beitrag von Dr. Céline Hönl und Dr. Günter Strittmatter, Cluster of Excellence on Plant Sciences (CEPLAS), Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen (UN) definiert siebzehn Ziele für eine nachhaltige Entwicklung wie etwa Ernährungssicherung, Bildung, Armutsbekämpfung und Klima- und Naturschutz. Politik, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft sind aufgerufen diese Ziele für eine nachhaltige Entwicklung umzusetzen.

Ziel 15, „Leben an Land“, fordert vitale Land-Ökosysteme, die den Folgen des Klimawandels angepasst sind. Es thematisiert Maßnahmen zum Schutz von Ökosystemen, zum Beispiel nachhaltiger und ressourcenschonender Pflanzenanbau, Schutz der Bodengesundheit und Erhalt der Biodiversität. Diese Maßnahmen stehen in Einklang mit den Zielsetzungen der Bioökonomie. Die Pflanzenforschung leistet hierzu einen entscheidenden Beitrag.

Köpfe des Wandels

Dr. Céline Hönl ist Biologin und promovierte 2010 an der Universität Ulm. Seit 2012 ist sie geschäftsführende Koordinatorin des Exzellenzclusters CEPLAS, einem Forschungsverbund der Universitäten Düsseldorf und Köln, dem Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln und dem Forschungszentrum Jülich. Der Cluster beschäftigt sich mit den molekularen Grundlagen und dem Zusammenspiel verschiedener Pflanzenmerkmale, die einen Einfluss auf die Ressourcennutzung und den Ertrag haben.

Dr. Günter Strittmatter ist seit sieben Jahren als Berater für verschiedene Auftraggeber in den Bereichen F&E-Planung (Forschung und Entwicklung), Technologietransfer und Kooperationsmanagement tätig. Derzeit ist er an der HHU Düsseldorf angestellt und leitet diesen Bereich für das Forschungsprogramm CEPLAS. Davor war er 17 Jahre Leiter F&E bei einem international führenden deutschen Pflanzenzüchtungsunternehmen, zwei Jahre Projektmanager bei einem belgischen Startup-Unternehmen und zehn Jahre Wissenschaftler an öffentlichen Forschungseinrichtungen im In- und Ausland. Er ist habilitiert im Fach Genetik und lehrt in diesem Fach seit über 20 Jahren an der Universität zu Köln. Gleichzeitig ist er Mitglied in mehreren wissenschaftlichen Beiräten für Politik, Wissenschaft und Wirtschaft.

Vielfalt fördern und Ökosysteme schützen

In Deutschland werden über 90% der landwirtschaftlich genutzten Fläche durch nur sechs Feldfruchtarten abgedeckt: Weizen, Mais, Gerste, Raps, Kartoffel und Zuckerrübe. Global zählen zu den dominierenden Feldfruchtarten darüber hinaus Reis, Soja, Baumwolle, Zuckerrohr und Sonnenblumen. Hohe Erträge gehen häufig mit einem hohen Einsatz von synthetischen Pflanzenschutz- und Düngemitteln einher. In vielen Regionen ist zudem auch künstliche Bewässerung erforderlich. Selbst in gemäßigten Klimazonen kommt es durch die Häufung extremer Wetterlagen oder das Auftreten neuer Schädlinge und Krankheitserreger in den letzten Jahren zu erheblichen Ertragseinbußen. Landwirtschaftliche Monokulturen und Pestizideinsatz werden zudem als wichtige Faktoren für den Verlust an Artenvielfalt diskutiert.

CEPLAS erforscht die Evolution, Domestizierung und Anpassung von Nutpflanzen an sich verändernde Umweltbedingungen. Dabei richtet sich der Blick auch auf Feldfruchtarten, die in der Landwirtschaft bislang eine untergeordnete Rolle spielen, jedoch Eigenschaften mitbringen, die für die menschliche Ernährung und die Verbesserung der Nachhaltigkeit wichtig sein könnten. So wird beispielsweise die Anpassung von Amaranth und Quinoa an verschiedene landwirtschaftliche Produktionssysteme untersucht.

Nicht nur die Einführung neuer Feldfruchtarten wird als Element zum Erhalt der Biodiversität gesehen. Auch ein grundsätzliches Verständnis der Entwicklung von Ökosystemen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen ist erforderlich. Bei CEPLAS werden Grundlagen zur Bewahrung natürlicher ökologischer Vielfalt unter landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen mit Hilfe ökogenetischer Ansätze erforscht.

Anpassung der Eigenschaften von Kulturpflanzen

Unsere heutigen Kulturpflanzen müssen an sich ändernde Umweltbedingungen sowie an neue Qualitätsanforderungen angepasst werden. Dabei müssen sie in der Lage sein, unter reduziertem Einsatz von Ressourcen weiterhin hohe Erträge zu liefern.

Die Erforschung der Grundlagen für eine Anpassung der Eigenschaften von Nutzpflanzen an solche Anforderungen ist ebenfalls Gegenstand der Arbeiten von CEPLAS. Beispielhaft seien hier Arbeiten zu den genetischen Grundlagen von Trocken- und Hitzeresistenz in Getreiden genannt, deren Ergebnisse Relevanz für die Züchtung entsprechend angepasster Sorten haben werden. Die Aufklärung der Mechanismen des Zusammenspiels von Pflanzen und Mikroben dient als Grundlage zur Entwicklung neuer umwelt- und ressourcenschonender Konzepte im Pflanzenschutz, bei der Pflanzenernährung und zur Erhaltung der Bodengesundheit. Erkenntnisse über die Grundlagen unterschiedlicher Formen der Photosynthese ermöglichen neuartige Ansätze zur Verbesserung der Ressourcennutzung.

Neue Züchtungsmethoden, wie etwa Genom-Editierung, werden die Nutzung von Ergebnissen aus diesen Forschungsarbeiten in der Pflanzenzüchtung erheblich beschleunigen.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​