Zum Wissenschaftsjahr 2018
Aquarianer setzen Fische aus: Exoten gehören nicht in unsere Gewässer

Aquarianer setzen Fische aus: Exoten gehören nicht in unsere Gewässer

Artenvielfalt in Gefahr

Studie untersucht Auswirkungen eingeschleppter Arten auf Artenvielfalt

Der Marienbuntbarsch sieht exotisch aus. Die Augenweide stammt aus den Lagunen entlang der Küste Westafrikas. Mittlerweile trifft man die Fische auch in den Gewässern der USA und Australien an.

Hier wie dort stellt die Tilapia-Art eine Bedrohung für die Ökosysteme dar. Zumindest für die Invasoren im australischen Queensland vermuten Forscherinnen und Forscher, dass bereits in den 1970er-Jahren Aquarienfische im Murray-Darling-Becken ausgesetzt wurden. Ein Team unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) machte bei Köln eine Entdeckung und stellt ähnliche Vermutungen an: Aquarianer haben Marienbuntbarsche wohl entsorgt. Die Fische tummeln sich jetzt im Gillbach, der durch das Kühlwasser des nahen Kohlekraftwerks Niederaußem aufgeheizt wird. Welche Folgen hat diese Invasion für heimische Ökosysteme?

Im Gillbach herrschen selbst im Winter Wassertemperaturen um die 20° C. Damit bietet er Überlebensbedingungen für Fisch- und Pflanzenarten aus (sub)tropischen Gefilden. So verwundert es nicht, dass hier die erste frei lebende Population des Marienbuntbarsches (Pelmatolapia mariae) in Europa nachgewiesen werden konnte. Den Forschern sind in den letzten Jahren in dem nordrhein-westfälischen Bach eine Reihe „eingewanderter“ exotischer Fische ins Netz gegangen. Jahr um Jahr werden Guppys, Antennenwelse, Tilapien, Zebrabuntbarsche und sogar Kois und Armanogarnelen gefangen. „Fast alle Funde lassen auf einstige Zierfische schließen, die von Aquarianern dort aus- beziehungsweise eingesetzt wurden, weil ihnen die Tiere fürs Aquarium zu groß, zu aggressiv oder zu vermehrungsfreudig geworden sind“, beschreibt Juliane Lukas (IGB) die Situation. Lukas ist die Erstautorin der Studie, die jüngst auf der Plattform „Royal Society Open Science“ veröffentlicht wurde.

Für den Marienbuntbarsch mag der Gillbach eine Alternative zum Aquarium sein. Für das heimische Ökosystem wird mit jeder fremden Art ein neues Problem in den Bach gesetzt. Die Neulinge sind Überträger nichtheimischer Krankheitserreger und Parasiten. Sie stellen somit eine Gefahr für die alteingesessene Fischwelt dar. Dass der Marienbuntbarsch sehr überlebensfähig und ausbreitungsfreudig ist und die heimische Tierwelt vor Ort verdrängen oder mit fremden Krankheiten infizieren kann, hat er bereits in Nordamerika und Australien bewiesen. Dr. David Bierbach, wissenschaftlicher Leiter der Studie am IGB, appelliert an die Aquarianer: „In der Bevölkerung fehlt noch immer das Bewusstsein, dass man keine gebietsfremden Tiere aussetzen sollte. Und es tatsächlich auch nicht darf. Es ist per Tierschutzgesetz verboten.“

Der Marienbuntbarsch hat außerhalb des aufgeheizten Gillbachs kaum Überlebenschancen. Die tropische Exklave als unfreiwilliges Freilandexperiment zeigt aber, wie sich steigende Temperaturen und eingeschleppte Arten auf die heimische Artenvielfalt auswirken können.

27.06.2017

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