Zum Wissenschaftsjahr 2018

Das Blaue Telefon: Ihre Fragen zum Thema Meere und Ozeane

Es ist, bildlich gesprochen, so blau wie der Ozean weit draußen auf hoher See: das Blaue Telefon. In der gleichnamigen Rubrik beantwortet die Zeitschrift mare, Medienpartner des Wissenschaftsjahres 2016*17, in Zusammenarbeit mit MARUM, dem Bremer Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, in jeder Ausgabe Fragen ihrer Leser. 

Wenn auch Sie eine Frage ans Blaue Telefon haben, schreiben Sie eine E-Mail an wat(at)mare.de.


Warum stranden immer wieder so viele Wale an bestimmten Orten in Neuseeland?

Bestimmte neuseeländische Buchten und seichte Strände haben traurige Berühmtheit erlangt. In der Golden und Hawkes Bay oder auf den Chatham-Inseln stranden regelmäßig bis zu 1.000 meist gesunde Grindwale, Kleine Schwertwale, Pottwale, seltener auch Schnabelwale oder Delfine.

„Von über 9.000 Grindwalen in 207 Strandungen der letzten Jahrzehnte konnten nur 2.000 Tiere wieder rechtzeitig ins Wasser getrieben werden“, sagt Dr. Stefan Bräger vom Deutschen Meeresmuseum Stralsund. Die genannten Arten bevorzugen den offenen Ozean und tauchen oft viele hundert Meter tief. Geschlossene Buchten und flache Gezeitenküsten überfordern vermutlich ihr Orientierungsvermögen. „Die genaue Ursache der Massenstrandungen ist bisher noch unklar“, sagt der Stralsunder Experte. „Früher vermutete man, dass Parasiten im Innenohr oder lokale Anomalien des Erdmagnetfeldes eine Fehlorientierung auslösen könnten. Zumindest letzteres konnte nach Messungen an den häufigsten Strandungsorten Neuseelands ausgeschlossen werden.“ Allerdings leben diese Arten sehr gesellig und bilden große Gruppen. Strandet ein Tier, so wird es von den anderen nicht verlassen. Das führt oft dazu, dass letztlich alle Tiere der Gruppe sterbend am Strand liegen.


Wieso haben Blaufußtölpel blaue Füße?

Mit ihrem braun-weißen Gefieder wirken diese großen Wasservögel eher unscheinbar, wären da nicht ihre auffällig blauen Füße. Auf der Suche nach passenden Partnern stolzieren sie voreinander auf und ab, strecken bei ausgebreiteten Flügeln Schnabel und Schwanzspitze gen Himmel und präsentieren prahlerisch ihre blauen Füße.

Diese Blaufärbung hat zwei Ursachen: Zum einen befinden sich unter der Oberhaut der Füße bzw. der Schwimmhäute bestimmte Fasern, die verstärkt bläuliches Licht reflektieren. Zum anderen rührt die Blaufärbung von besonderen Pigmenten her, die die Vögel mit der Nahrung aufnehmen. Je erfolgreicher die Vögel bei der Jagd nach Fisch sind, desto intensiver das Blau. Dabei variiert die Färbung von einem blassen Graublau bis hin zu einem strahlenden Dunkelblau. Als Wissenschaftler Blaufußtölpel auf Diät setzten, beobachteten sie, wie sich die Blaufärbung innerhalb von zwei Tagen abschwächte. Für die weibliche Tölpel bietet die Farbe der Füße somit Hinweise auf Jagderfolg und Fitness ihres zukünftigen Partners. Und darauf kommt es bei der Balz ja an.


Warum „beißen“ Fische Menschen?

Während ihres Urlaubs an der nordwestgriechischen Adria wurde eine mare-Leserin von kleinen Fischen angegriffen. Im Internet gibt es dazu viele Berichte – aus dem Mittelmeer, der Karibik und der Ostsee, wo Neunaugen sich, wie Medien berichteten, an den Beinen von Touristen festsaugten.

Vor den Malediven attackierten Picasso-Drückerfische ausgerechnet den Fischereibiologen Dr. Christopher Zimmermann. „Ich habe diese durchaus schmerzhaften Angriffe als Territorialverhalten interpretiert, denn die Fische gingen sich auch untereinander an“, sagt der Leiter des Thünen-Instituts für Ostseefischerei Rostock. Die Angriffe in seichtem, klarem Wasser gelten meist den Beinen und verursachen Millimeter große, bisweilen leicht blutende Verletzungen. Im Fall der mare-Leserin könnte es sich ihrer vagen Beschreibung nach um Meerbrassen handeln. Dr. Reinhold Hanel, Leiter des Thünen-Instituts für Fischereiökologie Hamburg hat über diese Arten geforscht, bezweifelt aber, dass sie Menschen beißen würden. „Trotzdem mag es sein, dass gerne behaarte oder schuppige Haut, dunklere Hautstellen vor allem von Meerbrassen angepickt werden - in der irrigen Annahme, es handele sich dabei um kleine Beutetiere.“


Haben die Krillbestände in den Polarregionen zugenommen, seitdem die Walbestände durch Jagd dezimiert wurden?

Richtig ist, dass die Walbestände in den Jahrzehnten bis zu Einstellung des kommerziellen Walfangs um 1964 stark abgenommen hatten. Allein im Südpolarmeer waren seit 1904 jährlich bis zu 45.000 Wale abgeschlachtet worden.

Inzwischen hat sich der Trend umgekehrt, zumindest für Minke- und Buckelwale, weniger für Blauwale. „Dennoch haben die Krillbestände durch die Dezimierung ihrer Räuber nicht zugelegt“ sagt Dr. Volker Siegel vom Hamburger Heinrich von Thünen-Institut für Seefischerei. Ob dies an den wachsenden Pinguin- und Robbenpopulationen liegt, die z.T. ebenfalls vom Krill leben? Dr. Bettina Meyer vom Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut bezweifelt dies, denn dann hätten die Krillbestände durch die Zunahme der Wale in den letzten Jahrzehnten sinken müssen. Dafür gibt es aber keine Indizien. „Die in Langzeitdaten gefundene Abnahme des Krills wird mit Klimaänderungen in Verbindung gebracht. Höhere Temperaturen haben die Packeisflächen dezimiert, unter denen sich der Krillnachwuchs über den Winter entwickelt.“ Denkbar sei, dass nicht Wale und andere Räuber die Krillbestände kontrollieren, sondern umgekehrt deren Bestände vom der Größe des Beutebestands Krill bestimmt wird.