Warum erhöht sich die Tonfrequenz stetig, wenn man mit einem Löffel auf den Tassenboden klopft nachdem man das Getränk umgerührt hat?

Prof. Dr.-Ing. Malte Kob ist Leiter der Abteilung für Stimm- und Hörakustik im Lehr- und Forschungsgebiet Phoniatrie und Pädaudiologie der Medizinischen Fakultät der RWTH Aachen, Studiengangsleiter des Fachs "Musikübertragung" und stellvertretender Leiter des Erich-Thienhaus-Instituts an der Hochschule für Musik Detmold. 

Der Effekt der Klangänderung beim Klopfen auf den Boden einer frisch gefüllten und anschließend gerührten Cappuccinotasse ist besonders deutlich zu hören, doch tritt das Phänomen auch bei anderen Flüssigkeiten auf, bei denen durch das Umrühren Schaum oder Luft untergerührt wird. Am Beispiel der Cappuccinotasse ist der Effekt dadurch zu erklären, dass nach der Herstellung über dem Kaffee eine Milchschaumschicht schwimmt. Der Milchschaum schwimmt, da seine Dichte wegen des Luftanteils erheblich geringer ist als die des Kaffees. Wird der Cappuccino umgerührt, vermischt sich der Milchschaum zum Teil mit dem Kaffee, wodurch sich die Dichte des Kaffees verringert. Nach dem Umrühren steigt der Milchschaum wieder auf bzw. vermischt sich die Milch mit dem Kaffee, worauf die Dichte des Kaffees wieder zunimmt.

Schlägt man während diese Vorgangs mit einem Gegenstand auf den Tassenboden, regt man diesen mit einem Impuls akustisch an. Dieser Impuls regt die Tasse zu Resonanzschwingungen an, deren Stärke und - für die Fragestellung besonders wichtig - Frequenzen sowohl von der Tassenstruktur als auch von der Dichte und Höhe der in der Tasse befindlichen Flüssigkeit abhängen.

Verringert sich durch das Rühren die Dichte der Flüssigkeit in der Tasse, breitet sich der Schall innerhalb der Tasse mit einer niedrigeren Geschwindigkeit aus, während die Begrenzung durch die Tasse und den Flüssigkeitsspiegel eine relativ unveränderte Bedingung für die Wellenlängen in der Tasse darstellt. Wegen des Zusammenhangs Schallgeschwindigkeit = Wellenlänge * Frequenz sinken daher die Resonanzfrequenzen in der Tasse. Nach dem Umrühren erhöht sich die Dichte der Flüssigkeit allmählich wieder und die Resonanzfrequenzen steigen.

Es sollte erwähnt werden, dass es auch Klangkomponenten des Tassenklangs gibt, die sich wenig oder gar nicht durch den Effekt ändern, sowie Klangänderungseffekte, die eine andere Ursache haben, wie z.B. das Sinken von Klangkomponenten durch ein Ansteigen der Flüssigkeit am Tassenrand bei schnellem Umrühren.

Ein ähnlicher Effekt wie beim Umrühren einer Cappuccinotasse ist auch beim Lösen von Kakao- oder Kaffeepulver in Milch oder Wasser, Umrühren von Bier (klappt nicht bei Költsch, da kein Schaum), Auflösen von Zucker in Tee oder beim schnellen Einfüllen eines hohen Glases mit stillem Wasser hörbar.