Warum schießt man Atommüll nicht ins All?

Dr. Günter Paul ist Physiker und Redakteur im Ressort „Natur und Wissenschaft“ der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: 

"In den vergangenen Jahrzehnten haben sich auf der Erde große Mengen an Atommüll angehäuft, für die dringend ein Endlager benötigt würde. Es müsste über lange Zeit sicher sein – so lange, bis auch die Radioaktivität der langlebigsten radioaktiven Isotope bis auf den natürlichen Pegel abgeklungen ist, damit auch für kommende Generationen kein Strahlenrisiko besteht. Und es müsste dem menschlichen Zugriff über diesen Zeitraum verlässlich entzogen sein, damit in der Zukunft niemand versehentlich das Endlager öffnet, weil er von seiner Existenz und dem davon ausgehenden Risiko nichts mehr weiß. Es bietet sich deshalb offenbar die Weite des Weltraums zur Endlagerung an. Tatsächlich hätte man damit ein geradezu perfektes Endlager – gäbe es nicht den Transport dorthin. Die dafür verwendeten Trägerraketen könnten nämlich Fehlstarts erleiden mit der Folge, dass sich der Atommüll in der Atmosphäre verbreitete. Weltraumraketen für unbemannte Satelliten und Raumsonden haben ungefähr eine Fehlerquote von vier Prozent. Das bedeutet, bei hundert Raketenstarts muss man mit vier Fehlstarts rechnen. Selbst in der bemannten Raumfahrt sind auch heute noch Risiken an der Tagesordnung, wie die beiden Space shuttle-Unglücke gezeigt haben. Bei bemannten Flügen nimmt man eine Fehlerquote von zwei Prozent in Kauf. Für den Transport von Atommüll wäre das viel zu viel."