Was können wir Menschen vom Sozialverhalten der Bienen lernen?

Bild in der Großansicht Jürgen Tautz ist Professor für Zoologie am Biozentrum der Universität Würzburg. Dort gründete er die BEEgroup, eine Forschergruppe, die sich mit unterschiedlichen Aspekten der Biologie der Honigbienen befasst. Daneben verfolgt Jürgen Tautz eine erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit, in der er ein breites Publikum für die Lebenswissenschaften interessieren möchte. Dafür wurde er von EMBO in den Jahren 2005, 2007 und 2008 als einer der besten europäischen Wissenschaftskommunikatoren ausgezeichnet.

Das Sozialverhalten des Superorganismus Bienenkolonie (=der BIEN) hat die Menschen seit jeher fasziniert und wurde je nach Blickwinkel zu unterschiedlichem Vorbild stilisiert: Der Monarchist hat eine strenge Hierarchie im Bienenvolk gesehen, der Demokrat sieht eher eine breite Basis für gemeinsame Entscheidungen im Bienenvolk. Auch alle großen Weltreligionen weisen den Honigbienen Vorbildfunktion zu. Und es gibt in der Tat Aspekte der Biologie der Honigbienen, von denen man sich ein Wiederfinden bei uns Menschen wünschen würde, gerade in Zeiten, in denen eindeutige Defizite im unserem Verhalten der Menschheit eine Reihe von Problemen beschert. 

Der Umgang der Bienenkolonien mit ihren natürlichen Ressourcen, den Blüten, ist vorbildlich. Nachhaltiger und schonender, wie es die Bienen tun, lässt sich nicht handeln. Anstatt destruktiv auszubeuten, sorgen sie durch die Bestäubung der von ihnen besuchten Blüten sogar für eine Vermehrung ihrer lebenswichtigen Reserven. Die Menge der im Nest angelegten Vorräte übersteigt nie das Maß des notwendigen – Gier kennen die Bienen nicht. Der Einsatz der Energie, eingesammelt als Zuckerverbindungen an den Blüten, zum Honig umgewandelt und zum Beheizen des Brutnestes im Bienenstock eingesetzt, ist eindrucksvoll effizient. Im Sinne der besten Tierfabel-Tradition lässt sich auch vom Sozialverhalten der Bienen lernen: Die Verhaltensweisen jeder einzelnen Biene als kleiner Baustein im Rahmen der Gemeinschaft entspringen einer guten Mischung aus Selbstlosigkeit und Egoismus. Die Wurzeln dafür liegen in den komplexen Verwandtschaftsverhältnissen im Bienenvolk und der alternativlosen gegenseitigen Abhängigkeit beim Erschaffen und Aufrechterhalten der Welt, in der die Bienen den Großteil ihres Lebens verbringen. Auf dieser Basis bekommt die gesamte Kolonie eine durch vielfältigste Rückkopplungen kontrollierte und fein geregelte stabile Balance.

• http://www.beegroup.de