Klingt nach Tradition

Die Verbindung von Arbeit und Singen hat weltweit und auch in Deutschland eine lange Tradition: Schon immer haben Menschen bei der oder über ihre Arbeit gesungen.

So gibt es unzählige deutschsprachige Handwerkerlieder, deren Ursprünge zum Teil bis ins Mittelalter zurückreichen. Neben der Musikwissenschaft gehen auch Historikerinnen und Historiker sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Kulturanthropologie und Soziologie der Entwicklung solcher Liedkulturen nach und erforschen, wie sich deren Musik, Texte und Gebrauch im Laufe der Jahrhunderte parallel zum gesellschaftlichen Wandel verändert haben. Dabei beschäftigen sie sich neben der motivierenden und inspirierenden Wirkung, die das Singen während der Arbeit bis heute entfaltet, vor allem mit der kulturellen und gesellschaftspolitischen Dimension der Gesänge und Gesangstraditionen in unterschiedlichen Branchen.

Einzelne Lieder, manchmal auch ganze Liedersammlungen, sind für Wissenschaft und Forschung von großem Interesse, da sie neben der musikalisch-künstlerischen Dimension auch Zeugnis davon geben, wie sich berufliche Tätigkeiten und die (Selbst-) Wahrnehmung von Arbeit im Laufe der vergangenen Jahrhunderte verändert haben. Lieder, deren Entstehen sich Arbeitszusammenhängen zuordnen lässt, sind also in vielen Fällen zugleich ein Spiegelbild der jeweiligen gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse.

Politisch wurde das Singen nicht zuletzt, als sich mit der Emanzipation der Arbeiterbewegung am Ende des 19. Jahrhunderts im betrieblichen und gewerkschaftlichen Umfeld Gesangs- und Arbeiterbildungsvereine gründeten. Neben der Freude am gemeinsamen musikalischen Erlebnis der Arbeiterinnen und Arbeiter wollten sie ebenfalls kulturelle Zugänge zu den Werken großer Komponisten anbieten. Vor diesem Hintergrund galt es mit der großen Mitsing-Aktion „Klingt nach Teamwork“ im Wissenschaftsjahr 2018 den Blick in die Gegenwart zu richten und der Verbindung von Musik und Arbeit von der Tradition bis in das Hier und Jetzt auf den Grund zu gehen.

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