Die Bedeutung von Mehrgenerationenhäusern

Ausgangslage

Die Generationen leben zunehmend nicht mehr in räumlicher Nähe, so fehlen Gelegenheiten für spontane Begegnungen zwischen Jung und Alt. Diese neuen Lebensbedingungen wirken sich erheblich auf das Leben in Nachbar­schaften aus: Wer den Nachbarn nur vom Sehen kennt, fühlt sich nicht mitver­antwortlich. Der verbreitete Rückzug ins Private bis zur Anonymität hat Folgen, mit allen Defiziten, die so oft beschrieben und beklagt werden.

©Mütterzentrum Salzgitter

Wie gelingt die Umkehr

 

Benötigt werden alltägliche Gelegenheiten zur Begegnung, mit Dienstleistungen und vielfältigen lebensnahen Lernfeldern, sowie verlässliche soziale Kontakte und Beteiligung für und mit Jung und Alt, die den sozialen Bedürfnissen der Menschen von heute entsprechen.

Ein erfolgreiches Praxisbeispiel ist das Konzept des SOS-Mütterzentrums Salzgitter Mehrgenerationenhaus, mit dem Prinzip: OHJA - das Offene Haus für Jung und Alt. Seit mehr als 35 Jahren wurden hier neue Wege entwickelt, die schon vielfach übertragen und Vorbild für die Mehrgenerationenhäuser und andere Konzepte offener Begegnung wurden.

Über die Autorin

Hildegard Schooß

Hildegard Schooß gründete und konzipierte in den 1970er Jahren die Mütterzentren und erweiterte das Konzept später generationsübergreifend. Bis 2004 leitete sie das SOS-Mütterzentrum Salzgitter – Mehrgenerationenhaus und ist aktuell als Beraterin, Coach und Trainerin zu Fragen von generationsübergreifenden Konzept, mit dem Schwerpunkt auf offenen Begegnungsstrukturen in Kommunen, tätig.

Das Herzstück ist die offene generationenübergreifende und integrative Struktur für alle Menschen im Stadtteil oder der Nachbarschaft. Nach dem Vorbild der alten Großfamilie werden Wahlfamilien gebildet, die – ohne miteinander verwandt zu sein – Menschen auf familiäre Weise nach ihren Bedürfnissen und Kompetenzen beteiligen.

Das Offene Haus funktioniert in der Stadt und auf dem Land, es wirkt wie ein öffentliches Wohnzimmer, mit dem Ziel der alltäglichen Begegnung von Jung und Alt. Das Angebot orientiert sich an den Alltagsbedürfnissen der Menschen, sie lernen sich kennen und machen etwas miteinander. So wird soziales Verhalten ganz selbstverständlich erfahren und geübt, daraus entwickeln sich nachbarschaftliche Gemeinschaften mit gegenseitiger Zuwendung, Empathie und Betreuung. Auf diese Weise gedeiht ein lebendiges Leben in Stadt und Land.

 

Rahmenbedingungen für das OHJA

 

  • Offene Räume – ein öffentliches Wohnzimmer

Ein Ort, mit einer Willkommenskultur für alle Menschen. Er zeichnet sich durch großzügige Öffnungszeiten aus, ist zentral gelegen, fußläufig erreichbar, mit frei zugänglichen Räumen, wie ein öffentliches Wohnzimmer im Gemeinwesen, das für viele Dinge genutzt werden kann.

  • Bedürfnisse teilen – Dienstleistungen bieten

Dazu gehört ein selbst organisiertes Programm, das dem Bedarf der Anwohner entspricht und gemeinsame Aktivitäten ermöglicht, sowie alltagspraktische Dienstleistungen, die den Alltag erleichtern, wie gemeinsame Mahlzeiten, Wäsche-Service, Fahrdienste, Betreuung von Kindern und dementen Menschen, Möglichkeiten für Beratung und zum Lernen, Gelegenheiten für Feiern, Seminare, sowie ein kleiner Laden mit Waren des häuslichen Bedarfs.

  • Mitarbeitende - die Aktiven

Grundsätzlich kann jeder mitarbeiten. Es ist wünschenswert sozial kompetente und empathische Menschen aus dem nahen Umfeld als Gasteberinnen zu gewinnen, Menschen mit der Fähigkeit sich zu kümmern, mit Organisationstalent und Engagement.

 

So werden Nachbarschaften wieder lebendig!

 

OHJA – Offenes Haus für Jung und Alt lädt alle Menschen ein, dabei zu sein. Das Mitmachen und Selbermachen motiviert Menschen mit bürgerschaftlichem Engagement, füreinander Verantwortung zu übernehmen und gemeinsam den Alltag und ihr Umfeld lebenswert zu gestalten.

Mitten im Quartier bietet diese multifunktionale Struktur Dörfern und Stadtteilen, deren alltägliche Versorgung zusammen bricht, realistische Chancen, nachbarschaftliches Zusammenleben wieder zu beleben und gemeinsam neue Zukunftsperspektiven zu entwickeln.

Zum Weiterlesen:
Die Rückkehr des Lebens in die Öffentlichkeit - Zur Aktualität von Mütterzentren
Hrsg. Sozialpädagogisches Institut des SOS-Kinderdorf e. V.
Hermann Luchterhand Verlag GmbH Neuwied Kriftel Berlin 2000

 

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2015 – Zukunftsstadt.

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