Die „neue“ Verantwortung der Kommunen

Zukunftsversorgung für ältere Menschen aktiv gestalten

Eine der zentralen Herausforderungen für Kommunen liegt im Anstieg der Zahlen von Pflegebedürftigen und Menschen mit Demenz bei gleichzeitigem Rückgang des professionellen und Laienpflegepotenzials. Auch der Wunsch, möglichst lange bei hoher Selbstständigkeit in den eigenen vier Wänden zu leben, gehört dazu. Als kleinste politische Einheiten sind die Kommunen verpflichtet, entsprechende Versorgungsstrukturen für ihre hilfs- und pflegebedürftigen Bürger vorzuhalten. Sie sind die zentrale Versorgungsplattform.

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Über den Autor

Portraitfoto Prof. Dr. Stefan Görres

Prof. Dr. Stefan Görres ist Dekan des Fachbereichs Human- und Gesundheitswissenschaften der Universität Bremen. Er ist u. a. Sprecher des BMBF-geförderten Pflegeforschungsverbunds Nord und Mitherausgeber diverser Gesundheitsreihen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem in der Pflegeforschung und der Bewertung zukünftiger Versorgungsszenarien in der Pflege.

Um den zukünftigen Herausforderungen einer alternden Gesellschaft gerecht zu werden, kann sich eine Kommune weder alleine auf die traditionellen Einrichtungen stationärer und ambulanter Versorgung verlassen noch auf die Privatheit des Problems verweisen. Diese Aufgabe muss zukünftig – mehr als bisher – als gemeinschaftliche Aufgabe innerhalb einer Kommune begriffen, gestaltet und gelebt werden. Die vielleicht wichtigste Weichenstellung besteht in der Überwindung der vielfältigen Grenzen innerhalb der gängigen Versorgungsstrukturen, damit die Versorgung nachhaltig und intelligent gestaltet werden kann. Fragen der Versorgungsstruktur werden zum Gegenstand eines breiten kommunalpolitischen Diskurses, der sich auf empirische Daten, fachliche Expertise und einen hohen Grad an Partizipation stützt.

Eine entsprechende Forschung kann dazu beitragen, epidemiologische Daten – etwa zum gesundheitlichen und pflegerischen Status Quo der Kommunen – bereitzustellen, an Hand von kommunalen Assessments Bedarfsanalysen durchzuführen und die Wirkung von Interventionen auf kommunaler Ebene zu evaluieren, um Aussagen darüber treffen zu können, ob und wie sich die Versorgungsqualität in einer Kommune verändert hat.

Die Umgestaltung der Versorgungsstrukturen innerhalb einer Kommune stellt keine Utopie dar, sondern ist von etlichen Kommunen bereits erfolgreich in die Praxis umgesetzt worden: Beispiel „Demenzfreundliche Kommune“. Dahinter steht der Gedanke, dass von Demenz betroffene Menschen auf ein soziales Umfeld angewiesen sind, das sie auffängt und eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht. In der Gestaltung dieses Umfelds kommt dem Engagement von Kommunen und dem einzelnen Bürger eine hohe Bedeutung zu. Stellvertretend zu nennen ist hier die „Aktion Demenz e. V.“ Diese führte das Förderprogramm „Menschen mit Demenz in der Kommune“ für die Robert Bosch Stiftung in drei Auflagen durch. 78 lokale Projekte, welche Demenz als Thema aufgegriffen und zivilgesellschaftliche Aktivitäten zur Begleitung und Beteiligung von Menschen mit Demenz angestoßen und ausprobiert haben, wurden unterstützt. Diese Initiative folgt einer Programmatik, die für jede Kommune in Zukunft obligat sein wird und sich durch eine hohe Lebens- und Versorgungsqualität auszeichnet. Dabei geht es nicht immer darum, völlig neue Strukturen zu entwickeln, sondern – aufbauend auf vorhandenen Ressourcen – durch Kreativität, Engagement und Weitsicht etwas „Neues“ zu schaffen. Diese Aufgabe kann nur dann für alle Beteiligten zufriedenstellend gelöst werden, wenn sich Kommunen wesentlich stärker als bisher ihrer „neuen“ Verantwortung gegenüber einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft bewusst werden.

Weitere Informationen finden Sie hier:

www.demenzfreundliche-kommunen.de 

www.aktion-demenz.de 

Netzwerk: Soziales neu gestalten: SONG-Reformpaket zur Zukunft von Pflege und Teilhabe

 

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2015 – Zukunftsstadt.

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