Mehr Demokratie – Wenn Bürger Städte planen

Überall in Deutschland ist Bürgerbeteiligung ein wichtiges Thema – vor allem dort, wo Stadtplanung „von oben" aus der Sicht derer „von unten" versagt hat. Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs im März 2009 hat mich persönlich erschüttert, wie viele andere Bürgerinnen und Bürger weit über Köln hinaus. Wie konnte es zu einer solchen Katastrophe kommen? Wer trägt die Verantwortung? Das „System" sei schuld, hieß es – aber was ist das eigentlich? Ich beschloss, mich mit dem System meiner Stadt auseinanderzusetzen und herauszufinden, wie dieses riesige Uhrwerk eigentlich funktioniert. Nach welchen Regeln ticken Politik und Verwaltung, an welchen Rädern drehen die Investoren? Und welche Möglichkeiten haben Laien wie ich, sich in ein so kompliziertes Gefüge hineinzuschrauben?

Panorama von Kön
©Foto Anna Ditges (Filmstill WEM GEHÖRT DIE STADT – Bürger in Bewegung)

Ich stieß zufällig auf die Geschichte meines Films, sie spielte sich um die Ecke von meinem Arbeitsplatz in Köln-Ehrenfeld ab – einem bunten, kleinteiligen und „hippen" Stadtteil Kölns, in dem Künstler, Studenten, Migranten, Neu- und Alteingesessene zusammenleben und arbeiten. Dem „Dorf Ehrenfeld", diesem von Gentrifizierung gekennzeichneten Stadt-Viertel Kölns standen plötzlich große Veränderungen bevor: Auf einem alten Industrie-Areal, dem „Heliosgelände", dem Herzstück Ehrenfelds, sollte eine riesige Shoppingmall entstehen. Protest wurde laut, eine Bürgerbewegung gegründet. Ich schnappte mir meine Kamera und war von der ersten Informationsveranstaltung an dabei. So konnte ich unmittelbar mitverfolgen und dokumentieren, was passiert, wenn Anwohner, Investoren, Politiker und Stadtplaner ihre ganz unterschiedlichen Vorstellungen von der Zukunft ihres Viertels unter einen Hut bringen müssen. Es war ein langwieriger Prozess voller Kompromisse und überraschender Ergebnisse – und mit offenem Ausgang.

Über die Autorin

Portraitfoto Anna Ditges
©Foto Ela Mergels

Die Autorin, Regisseurin und Produzentin Anna Ditges arbeitete vier Jahre an ihrem abendfüllenden Film für Kino und Fernsehen „WEM GEHÖRT DIE STADT - BÜRGER IN BEWEGUNG"
(punktfilm Anna Ditges / ZDF das kleine Fernsehspiel).
Die deutschlandweiten Filmvorführungen leisten einen Beitrag zum aktuellen gesellschaftlichen Diskurs und fördern den Dialog zwischen Städteplanern, Investoren, Verwaltungen, Politikern und Bürgern.

Wem gehört die Stadt – den Bauherren, die sie kaufen? Den Beamten, die sie verwalten? Oder den Menschen, die sie bewohnen? Im Laufe des filmischen Entstehungsprozesses und meiner Auseinandersetzung mit den Menschen rund um das Heliosgelände bin ich immer wieder auf Grenzen gestoßen: von Verantwortung, von Mitbestimmungsrecht, von Demokratie. Ich fand heraus, dass bei politischen Entscheidungen, die entlang dieser Grenzen getroffen werden, Zeit und Details eine große Rolle spielen – und dass am Ende häufig doch nichts wirklich entschieden ist. Besonders fasziniert hat mich dabei der Kampf der aktiven Bürger um Mitgestaltung und Einflussnahme. Mit jeder zunehmenden bürokratischen Hürde gelang es ihnen, sich weiter zu professionalisieren, so dass zuletzt im Film der Unterschied zwischen einem Bürgeraktivisten und einem Lokalpolitiker kaum noch auszumachen ist.

Wie viel dieses Engagement zu bewegen vermag, lässt sich natürlich nur von Fall zu Fall bewerten. Und dennoch: Bürgerbeteiligung „lohnt sich", denn dadurch kommt ein Prozess in Gang, der den Diskurs um Stadtplanung und Verantwortung durchleuchtet und hinterfragt. Nur durch offene Auseinandersetzung und konstruktiven Austausch können wir visionäre Lösungen finden, die uns helfen, unsere Stadt weiter zu entwickeln und Zukunft zu gestalten. Mir erscheint das gerade vor dem Hintergrund der Vergangenheit so wichtig - nämlich wenn wir uns bewusst machen, wie viele Chancen schon vergeudet und wie viel Schaden an unseren Städten bereits angerichtet wurde.

 © Anna Ditges, Köln 2015

 

zu weiteren Informationen und dem Trailer von „WEM GEHÖRT DIE STADT – BÜRGER IN BEWEGUNG"

zur DVD "WEM GEHÖRT DIE STADT - BÜRGER IN BEWEGUNG"

 

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2015 – Zukunftsstadt.

Metadaten zu diesem Beitrag

Schlagworte zu diesem Beitrag:

  • #Bauen
  • #Stadt
  • #Wohnen
  • #Köln

Mehr zum Themenfeld:


Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!