Migration und Diversität als urbane Ressource

Ein Blick auf die europäische Migrationsgeschichte legt nahe, dass Sesshaftigkeit über mehrere Generationen nicht die Regel ist. Mobilitätserfahrungen und die damit verbundene Diversität haben das urbane Zusammenleben schon immer geprägt. Metropolen wie Berlin verdanken ihre Existenz gerade der Zuwanderung. Hugenotten legten Ende des 17. Jahrhunderts den Grundstock für Berlin als Handels- und Handwerksmetropole, ein enormer Bevölkerungszuwachs prägte das Stadtbild seit Ende des 19. Jahrhunderts und hinterließ tiefe Spuren. Die Erfolgsgeschichte Berlins beruht auf Migrantinnen und Migranten, die seit Generationen das Gesicht der Stadt entscheidend verändert haben.

Menschen überqueren eine Straße
Das soziale Gefüge in Großstädten ist nicht homogen, sondern immer in Bewegung.
© Malija / shutterstock

Über den Autor

Portraitfoto Erol Yildiz

Prof. Dr. Erol Yıldız lehrt Erziehungswissenschaft an der Universität Innsbruck. Sein Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich Migration und Bildung. Er ist u. a. Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, im wissenschaftlichen Beirat der „Zeitschrift für Migration und Soziale Arbeit“ sowie im „Rat für Migration“.

Jede dritte Lebensgeschichte in Großstädten wie Berlin, Wien oder Köln ist mittlerweile eine von Migration geprägte. Infolge dieser geografischen Mobilität haben fast alle Menschen Verwandte oder Bekannte in verschiedenen Ländern, ihre Biografien weisen weltweite Bezüge auf. Es ist also Differenz und nicht Homogenität, die den neuen urbanen Erfahrungsraum charakterisiert.

Weniger die Herkunft der Menschen als die Vielfalt der geistigen, sozialen und kulturellen Horizonte, die in lokalen Kontexten entstehen, sind für wissenschaftliches und politisches Handeln ausschlaggebend. Gerade im urbanen Kontext zeigen sich die kreativen Potentiale von biografischen Entwürfen, die durch Migrationsbewegungen entstanden sind. Es ist höchste Zeit, konstruktiv damit umzugehen, solche Entwicklungen pragmatisch als urbane Ressourcen zu betrachten.

Städte werden zu Bühnen, Ausgangspunkten und Schnittstellen für translokale Erfahrungen, Ideen, Visionen und Lebensentwürfe. Damit wandeln sich Orte zu Kontaktzonen unterschiedlichster Traditionen und Gegenwarten. Diversität ist die Lebenspraxis! Wir leben mit Vielfalt und wir leben gut damit! In einer Studie an der Universität Innsbruck mit dem Titel „Diversität ist die Lebenspraxis“ möchten wir zeigen, dass Menschen mehrere Heimaten und Zugehörigkeiten haben, diverse kulturelle und soziale Netzwerke bilden, vielfältige Lebensentwürfe aufweisen (können), die über das Lokale hinausgehen, neue Möglichkeitsräume eröffnen und auf diese Weise den Alltag mit der Welt verbinden. 

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Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2015 - Zukunftsstadt.

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