Quartierskonzepte – Vernetzt und partizipativ

Stadtquartiere zukunftsgerecht entwickeln

Die Struktur unserer Städte wird sich in den nächsten Jahren stark verändern. Vereinfacht zusammengefasst kann man sagen, die Stadtbewohnerschaft wird älter und bunter und dies stellt neue Anforderungen an das Zusammenleben in unseren Städten.

Eine ältere Frau hakt sich bei einer jüngeren unter
© Goodluz / Shutterstock

Über die Autorin

Porträt von Ursula Kremer-Preiß

Ursula Kremer-Preiß ist Leiterin des Bereichs Wohnen und Quartier des Kuratoriums Deutsche Altershilfe. Sie publiziert hauptsächlich zum Schwerpunkt Wohnformen im Alter.

Vor allem durch den demographischen Wandel werden in Zukunft erhebliche Herausforderungen bei der bedarfsgerechten Gestaltung der Wohn- und Versorgungsstrukturen zu bewältigen sein. Gleichzeitig wird die Zahl der Angehörigen, die die Versorgung der pflegebedürftigen Menschen in den Städten übernehmen könnten, zurückgehen, weil die Angehörigen in anderen Städten wohnen oder weil viele gar keine Angehörigen mehr haben. Immer mehr ältere Menschen werden in Single-Haushalten leben und auf keine Unterstützung durch Angehörige zurückgreifen können. Ein Umzug in ein Heim stößt jedoch bei immer weniger älteren Menschen auf Akzeptanz.

Um diesen zukünftigen Herausforderungen und den Wohnwünschen älterer Menschen in unseren Städten gerecht zu werden, bedarf es neuer Wege. Wohn- und Versorgungskonzepte sind erforderlich, die das selbstständige Wohnen im vertrauten Wohnumfeld stärken und möglichst viele an der Betreuung, Hilfe und Pflege beteiligen. Das sind die zentralen Ziele von Quartierskonzepten, die aktuell in vielen Fachkreisen als eine mögliche Antwort auch zur zukunftsgerechten Weiterentwicklung der Städte gesehen werden. Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) setzt sich daher seit Jahren mit Veranstaltungen, Informationsschriften aber auch Qualifizierungsmaßnahmen für die Verbreitung solche Ansätze ein (u. a. Kuratorium Deutsche Altershilfe (2014): Quartierskonzepte – KDA-Ansatz und kommunale Praxis, Köln).

Grundprinzipien von Quartiersansätzen

Aber was sind Quartierskonzepte? Quartiersansätze sind sozialräumliche Ansätze. Sie konzentrieren sich auf die sozialen Nahräume, in denen die Menschen leben und mit denen sie sich identifizieren. Sie versuchen z. B. den Stadtteil so zu gestalten, dass man auch bei Unterstützungsbedarf in seinem vertrauten Wohnumfeld verbleiben kann und nicht in einen anderen Stadtteil oder eine andere Stadt umziehen muss. Sie organisieren die Hilfe und Pflege daher möglichst dezentral, kleinteilig und mobil. Quartiersansätze versuchen weiterhin, ganzheitlich das gesamte Lebensumfeld der Menschen bedarfsgerecht weiter zu entwickeln. Sie optimieren z. B. nicht nur die Hilfe und Pflege für ältere Menschen, sondern passen auch die Wohnangebote an, entwickeln die Infrastruktur im Wohnumfeld generationengerecht weiter und stärken die sozialen Teilhabemöglichkeiten.

Quartiersansätze sind aber mehr als eine kleinräumige generationengerechte Weiterentwicklung der Infrastruktur. Quartiersansätze stehen für eine andere Beteiligungskultur bei der Schaffung lebenswerter Quartiere. Sie vernetzen die Akteure vor Ort zu „lokalen Entwicklungsgemeinschaften“, stärken lebendige Nachbarschaften und aktivieren die örtlichen Ressourcen. In die gesamte Planung und Umsetzung wird die Bürgerschaft der Quartiere systematisch eingebunden. Zentral für die Umsetzung von Quartiersprojekten ist auch die Partizipation der älteren Menschen selbst. Quartierskonzepte fußen daher auf einem anderen Altersbild, das die Kompetenzen der Älteren berücksichtigt und angesichts des demografischen Wandels als wichtige gesellschaftliche Potenziale begreift.  

Herausforderungen bei der Umsetzung eines Quartierskonzeptes

Die Umsetzung von Quartiersprojekten ist jedoch nicht einfach und stellt viele Akteure vor neue Herausforderungen. Es bedarf verstärkt Qualifikationen in Form von Moderationsfähigkeit, Netzwerkarbeit und Partizipation. Es müssen andere Organisationsstrukturen in Form von kleinräumiger Datenerfassung oder sozialräumlichen Arbeitsstrukturen aufgebaut werden. Es müssen neue Finanzierungswege wie z. B. sogenannte Sozialraumbudgets erprobt werden. Ebenso bedarf es des Einsatzes eines „Kümmerers“, der das Quartiersmanagement in solchen Projekten umsetzt. Er aktiviert die Bewohnerschaft und koordiniert die Arbeit der Akteure. Er regt Eigeninitiative an und stärkt soziale Netze. Er sichert die Transparenz durch Öffentlichkeitsarbeit und initiiert oder begleitet Einzelmaßnahmen in den jeweiligen Handlungsfeldern zur Quartiersentwicklung.

Ohne nachhaltige Finanzierung des Quartiersmanagements geht es nicht

Damit die Leistungsanbieter oder auch kommunale Akteure diese Herausforderungen meistern können, brauchen sie Unterstützung. Einzelne Länder wie z. B. NRW, Rheinland Pfalz oder Hamburg haben schon vielfältige Maßnahmen entwickelt, um solche lokalen Verantwortungsgemeinschaften zu unterstützten (z. B. Aufbau einer Projektdatenbank, Bereitstellung eines Methodenkoffers, Organisation von Veranstaltungen, Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen, finanzielle Förderung einzelner Modellprojekte). Auch gibt es für die Finanzierung des „Kümmerers“ Fördermöglichkeiten (z. B. Förderbaustein 3.1.1 des Deutschen Hilfswerks von bis zu 150.000 Euro Personalkosten für drei Jahre für gemeinnützige Initiativen). In der Praxis besteht jedoch vielfach das Problem, dass nach der Förderung diese Initiativen wieder eingehen, weil es keine Regelfinanzierungswege für das Quartiersmanagement gibt. Ohne die Sicherung einer nachhaltigen Finanzierung des Quartiersmanagements werden sich solche zukunftsträchtigen Wohn- und Versorgungsmodelle jedoch kaum flächendeckend verbreiten lassen.

 

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2015 – Zukunftsstadt.

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