Soziale Mischung: Durchlässigkeit und soziale Interaktionen in Quartieren

Die sozial-räumliche Polarisierung und Verfestigung sozialer Ungleichheit zählt zu den zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Städte. In Deutschland – wie auch in anderen europäischen Ländern – wird versucht, sozialer Ungleichheit auf Stadtteilebene durch die Förderung einer sozialen Durchmischung dieser Wohngebiete zu begegnen. Hinter dieser Strategie steht die Annahme, dass sich zwischen Menschen, die in räumlicher Nähe zueinander leben, auch Interaktionen herausbilden, von denen alle Beteiligten profitieren können. Dies kann sich sowohl auf ganz konkrete Nachbarschaftshilfe, wie bei der Kinderbetreuung, aber auch auf weniger fassbare Aspekte beziehen, wie das Lernen durch Rollenvorbilder und unverbindliche, aber dennoch hilfreiche Kontakte im öffentlichen Raum.

Spielplatz in Düsseldorf
© Sabine Beißwenger

Über die Autorin

Portraitfoto Sabine Beißwenger

Sabine Beißwenger ist Diplom-Geographin und wissenschaftliche Mitarbeiterin für relationale Sozial- und Stadtgeographie, sozialräumliche Entwicklungsprozesse in Ostasien und chinesische Migranten in internationaler und Binnenperspektive am Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS).

Diesen politischen Strategien und theoretischen Annahmen stehen jüngere Forschungen gegenüber, die ein eher kritisches Bild in Bezug auf die Interaktionspotenziale in sozial gemischten Stadtquartieren zeichnen. So zeigen Studien z. B. aus den Niederlanden und England, wie sich die in gemischten Quartieren lebenden, ressourcenstarken Haushalte von anderen Bewohnergruppen aktiv abgrenzen. Dies äußert sich beispielsweise in der sehr selektiven Nutzung der Quartiersräume, die durch Kosten, institutionelle Routinen oder einen bestimmten Ruf nur für die ressourcenstarken Haushalte attraktiv und zugänglich erscheinen. Ein weiterer Forschungsbefund weist darauf hin, dass manche ressourcenstarke Haushalte zwar in benachteiligten Quartieren wohnen, aber Infrastrukturen hauptsächlich außerhalb des Quartiers aufsuchen und damit kaum Netzwerke am Wohnort aufbauen.

Das Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS) untersucht im Rahmen des Forschungsprojektes „Soziale Mischung: Durchlässigkeit und soziale Interaktionen in Quartieren“ noch bis Ende 2016 drei Stadtteile Düsseldorfs hinsichtlich von Prozessen der sozialen Grenzziehung und Brückenbildung. Der Fokus richtet sich neben den Netzwerken und Begegnungen von Familien-Haushalten auch auf die Rolle der institutionellen Ebene von Kindertagesstätten und Schulen sowie von Spielplätzen als bedeutsame Orte für Familien. Dabei geht es um das Verständnis grenzziehender oder grenzverschiebender Praktiken und darum, welche Faktoren diese Praktiken beeinflussen. Erste Erklärungsansätze weisen auf das Zusammenspiel von familiären und institutionellen Routinen hin, die in zeitlicher und räumlicher Perspektive zu einem – von uns als „Net of foci“ bezeichneten – Geflecht werden und Grenzziehungspraktiken verstetigen können. Weitere interessante Erkenntnisse erwarten wir durch die genauere Untersuchung von situations- und settingspezifischen Brückenbildungs- und Grenzziehungsprozessen.

 

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2015 - Zukunftsstadt.

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