Der Widerspruch zwischen Auto und Stadt: Lösungen für die Zukunft

Unsere Siedlungsräume der Zukunft werden Städte sein. Viel mehr als heute werden sie bestimmen, wie wir leben, welche Produkte wir kaufen und wie wir uns fortbewegen. Der Stadtverkehr wird sich bis zum Jahr 2050 verdreifachen. Mit unserem heutigen Mobilitätssystem werden wir schon viel früher an Grenzen stoßen – Zeit sich Gedanken zu machen, wie wir den Widerspruch zwischen den neuen Mobilitätsanforderungen und unseren herkömmlichen Fortbewegungsmitteln auflösen können.

Straßenkreuzung
©hxdxl / Shutterstock.com

Mobilitätsgrenzen heute: Immobil durch PKW?

23 Prozent der Treibhausgas-Emissionen weltweit werden durch den Verkehr verursacht. Viel gravierender, speziell in Städten, sind jedoch die Schadstoffe wie Stickoxide (NOx), Schwefeloxide (SOx) und Feinstaub. In Deutschland sterben jedes Jahr 10 000 Menschen aufgrund vom Verkehr emittierter Luftschadstoffe. Das sind 3-mal mehr als durch Verkehrsunfälle! Allein aus diesem Grund schon müssen für die wachsenden Städte neue Lösungen gefunden werden.

Je stärker der urbane Verkehr anwächst, desto unpraktischer wird die Nutzung des PKW für den Einzelnen. Heute kostet das Parken in Städten Unmengen an Zeit, Treibstoff und nicht zuletzt Nerven. Bis zu 30 Prozent des Verkehrs in Städten werden durch die Suche nach einem Parkplatz verursacht. Die Konsequenz sind nicht nur verstopfte Straßen, sondern auch eine Verschwendung von 45 Prozent des Kraftstoffs im Stadtverkehr.

Über die Autorin

Jennifer Dungs

Jennifer Dungs erhielt ihren Doktortitel in Chemie und ihren Master of Science in Chemical Engineering von der Michigan State University in Michigan, USA. Sie hat 10 Jahre bei der Ford Motor Company und 4 Jahre bei BMW im München in den Bereichen Energiemanagement, CO2-Regulierung und der Entwicklung von Strategien für alternative Kraftstoffe gearbeitet. Als Institutsdirektorin ist sie für das Geschäftsfeld Mobilitäts- und Stadtsystem-Gestaltung verantwortlich. Sie arbeitet mit Ihrem Team an der Entwicklung, Einführung und Industrialisierung von nachhaltigen Mobilitätskonzepten insbesondere im urbanen Raum.

Platz ist daher die größte Herausforderung für die urbane Mobilität. Ein PKW, der mit 50 km/h in der Stadt unterwegs ist, benötigt 140 qm an Platz. 64 Prozent aller mit dem Auto gefahrenen Kilometer werden in urbanen Räumen zurückgelegt. Fast 20 Prozent der gebauten Infrastruktur in Städten werden ausschließlich für Parkraum und Straßen benötigt. Doch obwohl wir dem PKW so viel Raum in unseren Städten zur Verfügung stellen, verbringt nach Daten von TomTom ein Wiener, der 30 Minuten zur Arbeit pendelt, ca. 71 Stunden im Jahr im Stau.

Mobil durch Technologie: Zukunftstrends

Derzeit entwickeln sich parallel verschiedene Technologietrends mit Einfluss auf die Automobilindustrie. Wenn man sie zusammenführt, kann das Spannungsverhältnis zwischen Fahrzeug und Stadt aufgelöst werden:

  • Elektromobilität als Lösung für lokale Schadstoffemissionen,
  • automatisiertes Fahren als Ansatz, um die Verkehrssicherheit und den Verkehrsfluss zu erhöhen
  • und die gemeinschaftliche Nutzung als Mittel, um die verfügbare Verkehrsfläche effizienter auszulasten.

Freude am anders Fahren: Neue Stadtmobilität(en)

Nach 14 Jahren in der Automobilindustrie weiß ich aus erster Hand, dass es wenig sinnvoll ist, Menschen zu zwingen, ihr Verkehrsverhalten zu verändern. Vielmehr müssen wir neue Mobilitätslösungen anbieten, die noch komfortabler sind als das, was wir heute kennen. Dann verändert sich das Verkehrsverhalten der Menschen von ganz alleine.

Die urbane Mobilität der Zukunft erfordert die Zusammenarbeit verschiedener Akteure. An erster Stelle sind hier die Automobilindustrie sowie die Informations- und Kommunikationstechnik-Branche zu nennen. Aber auch Unternehmen und Städte müssen neue Formen der Kooperation finden, wenn sie neue Lösungen entwickeln wollen. Dies eröffnet den Stadtverantwortlichen selbst die große Chance, die Zukunft des Verkehrs in ihrer Stadt aktiv mitzugestalten.

Wir werden auch in Zukunft eine Vielfalt an Fahrzeugen auf unseren Straßen sehen können. Aber es wird nicht nur eine einzige Mobilitätslösung geben, sondern eine Vielzahl verschiedener Systeme, die sich gegenseitig besser ergänzen und die Verkehrsbelastung insgesamt verringern.

Ich wage die Prognose, dass in 10 bis 20 Jahren alle Fahrzeuge zumindest teilelektrifiziert, teilautomatisiert und hochvernetzt sein werden.

Und wir werden diese Fahrzeuge lieben, nicht nur als Fahrer, sondern auch als Bewohner einer Stadt.

 

Dieser Blogbeitrag enstand im Rahmen der Blogreihe des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation zum Thema Zukunftsstadt.

 

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2015 – Zukunftsstadt.

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