Singen und Gesundheit

Ein Expertenbeitrag von Bastian Hodapp, Goethe-Universität Frankfurt am Main

"Singen fördert die Gesundheit!" – so oder ähnlich lauten die Schlagzeilen, die immer wieder in den Medien kursieren. Tatsächlich ist es so, dass mittlerweile einige Studien belegen, dass das Singen im Chor die physische und psychische Gesundheit sowie die allgemeine Lebenszufriedenheit verbessert. In einigen Studien konnte bereits die einmalige Teilnahme an einer Chorprobe die Stimmung verbessern und Gefühle von Vertrauen, sozialer Nähe sowie kooperatives Verhalten verstärken. Ängste und andere negative Gefühle wurden durch das Singen hingegen reduziert. Weitere positive Effekte waren eine verbesserte Konzentration, vermindertes Stresserleben, ein gesteigertes Gefühl der Gruppenzugehörigkeit, ein niedrigerer Blutdruck und reduzierte Kortisolwerte (zu den positiven Wirkungen des Singens siehe auch den Expertenbeitrag von Gunter Kreutz). Es liegen Studien vor, in denen diese positiven Effekte des Singens sowohl bei (bis dahin) Nicht-Sänger*innen, Laiensänger*innen als auch Profisänger*innen nachgewiesen werden konnten.

Bastian Hodapp ist Psychologe, Erziehungs-, Musikwissenschaftler, Musik-/Gesangspädagoge, Chorleiter und Sänger. Aktuell lehrt er an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, der FernUniversität in Hagen sowie der Privaten Hochschule Göttingen. Außerdem ist er freiberuflich als Chorleiter und Gesangspädagoge tätig.

So wurde etwa in einer eigenen Studie die Burnout-Belastung von Profi-Sänger*innen untersucht (frei zugänglich unter https://jbdgm.psychopen.eu/index.php/JBDGM/article/view/jbdgm.2018v28.21/e21.pdf)
Professionelle Sänger*innen sind in ihrem Beruf erheblichen Belastungen ausgesetzt. Dazu zählen zum Beispiel geballte Arbeitszeiten, ein später Feierabend, die Erwartungshaltungen des Publikums, hoher Konkurrenzdruck, der Zwang zur räumlichen Flexibilität sowie befristete Arbeitsverträge. Dennoch scheint auch bei dieser Personengruppe das Singen seine positiven Wirkungen zu entfalten. So wiesen die Profi-Sänger*innen in 24 von 27 Burnout-Kennwerten günstigere Werte auf als eine repräsentative Vergleichsstichprobe der Allgemeinbevölkerung. Für die Vermutung, dass Singen eine wirksame Burn-out-Prävention sein kann (siehe dazu auch den Expertenbeitrag von Maximilian Stössel), gibt es somit erste wissenschaftliche Belege. 

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Wie können nun diese Wirkungen des Singens für den beruflichen Alltag genutzt werden, um dadurch beispielsweise eine stärkere Identifikation mit dem Unternehmen und eine höhere Arbeitszufriedenheit zu erzielen, eine bessere Emotions- und Stressregulation zu unterstützen sowie das Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu steigern? Frühere Generationen wussten wohl intuitiv um diese positiven Effekte des Singens. So wurden in vielen Unternehmen sogenannte Werkschöre eingerichtet, mit denen das Gemeinschafts- und Identitätsgefühl gesteigert werden sollte (vgl. dazu auch den Expertenbeitrag von Daniel Kosmalski). Solche traditionellen Betriebschöre sind heutzutage nur noch punktuell vorhanden und praktisch "vom Aussterben bedroht". Dennoch erscheint es sinnvoll, solche unternehmensspezifischen Singformationen neu zu beleben. Dazu ist es jedoch notwendig, diese den Erfordernissen und Bedürfnissen der heutigen Zeit anzupassen (siehe dazu ebenfalls den Beitrag von Kosmalski). Eine weitere Idee wäre die Initiierung und Etablierung von regelmäßig stattfindenden Chorfestivals, in denen die Chöre beziehungsweise Singformationen aus verschiedenen Unternehmen und Branchen beispielsweise gemeinsam einen musikalischen Abend gestalten.


Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2018 – Arbeitswelten der Zukunft.