Mensch und Maschine sind ein gutes Team

Beim dritten Arbeits-Früh-Stück im Wissenschaftsjahr 2018 geht es um die Frage: „Künstliche Intelligenz – Konkurrenz oder Assistenz?“. Auf dem Mediencampus in München diskutieren vier Podiumsgäste darüber, was Künstliche Intelligenz (KI) eigentlich ist, wo ihre Grenzen liegen und in welchen Bereichen die Politik die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen muss.

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Künstliche Intelligenzen übernehmen bereits heute viele Tätigkeiten in den Arbeitswelten: Durch Maschinen und Websysteme werden Prozesse optimiert und körperlich schwierige Handgriffe erleichtert. Gleichzeitig verändern sich dadurch Arbeitsplätze – und viele neue entstehen. Denn auch wenn Maschinen schwere Arbeiten übernehmen, muss doch immer der Mensch entscheiden, wie und wo die KI genau eingesetzt werden soll. Dabei bleiben jedoch Fragen offen: Wie wird uns Technik im Alltag und bei der Arbeit unterstützen? Und wie werden wir in Zukunft mit ethischen Standards umgehen?

„KI ist noch weit entfernt von menschlicher Intelligenz“, so Jens Redmer von Google Deutschland. In Filmen würde das zwar oft anders dargestellt, allerdings seien KI-Systeme in der Regel noch gar nicht so weit entwickelt, um den Menschen vollständig zu ersetzen – zumindest was die kognitive Leistung angehe. Anders sei dies bei Assistenzaufgaben, die Maschinen gut und schnell leisten könnten.

Zusammenschnitt des Arbeits-Früh-Stücks am 25.10.2018: Künstliche Intelligenz – Konkurrenz oder Assistenz? (mit UT)

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Expertinnen und Experten treffen sich zum Austausch

Gemeinsam mit Prof. Dr. Wolf-Dieter Lukas, Leiter der Abteilung „Schlüsseltechnologien – Forschung für Innovationen“ im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), der Soziologin Prof. Dr. Sabine Pfeiffer von der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg und Prof. Dr. Regina Ammicht Quinn vom Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften diskutierte Redmer mit der Journalistin Anja Pross über die Chancen und Herausforderungen Künstlicher Intelligenz. „Viele Menschen“, so Prof. Dr. Pfeiffer, „sind gar nicht so ängstlich, wie es immer dargestellt wird. Ich würde eher sagen: Es liegt eine gesunde Skepsis vor.“ Grundsätzlich seien viele offen gegenüber Technik, zumal technische Unterstützung in bestimmten Berufen – zum Beispiel in der Pflege – dringend gebraucht werde. „Pfleger sind oft fast ausschließlich mit dokumentarischen Aufgaben beschäftigt und können diese Zeit nicht in die Menschen investieren.“

Auch in der Medizin könne nicht nur die Vernetzung von Maschinen, sondern besonders auch die Zusammenarbeit dieser mit dem Personal deshalb sehr hilfreich sein. „In einer Sache sind Computer den Menschen nämlich doch überlegen: Sie halten viel länger durch. Wenn beide zusammenarbeiten, ist das die beste Lösung“, unterstreicht Prof. Dr. Lukas die Nützlichkeit von KI. Das gilt auch für die Arbeitswelten der Zukunft.

Gibt es Künstliche Emotionale Intelligenz?

„Grundsätzlich geht es nicht um den Verlust, sondern um die Veränderung von Arbeitsplätzen“, so Prof. Dr. Ammicht Quinn. „Natürlich kann KI auch bei der medizinischen Entscheidungsfindung unterstützen. Ein Arzt muss aber trotzdem erklären können, wieso diese eine Behandlungsmethode die richtige ist und darf sich nicht auf die Maschine verlassen.“ Das intuitive Wissen sei hier entscheidend. „Bauchentscheidungen sind wichtig und häufig richtig“, ergänzt Prof. Dr. Lukas. Etwas, das Maschinen bisher nicht leisten können. Davon ist auch Prof. Dr. Pfeiffer überzeugt: „Intuitive Entscheidungen haben einen Erfahrungswert. Wir müssen Technik so gestalten, dass sie intuitionsfördernd bleibt – also wir aus unseren Erfahrungen damit auch immer wieder selbst lernen können.“ Und genau da liege auch der entscheidende Punkt: „Technologie ist nicht etwas, was sich irgendwann selbstständig weiterentwickelt. Das machen immer wir Menschen und dafür müssen wir auch Verantwortung übernehmen“, so Redmer, „Technik muss erklärbar und abschaltbar bleiben.“ Wichtig sei es, technischen Neuerungen nicht ängstlich gegenüberzustehen. Sie könnten immer auch dazu dienen, Prozesse einfacher, übersichtlicher und schneller zu machen.

Algorithmen müssen von Menschen geprüft werden

Nur blind vertrauen dürfe man Technik auch nicht, sagt Prof. Dr. Pfeiffer. Das ist besonders bei Personalentscheidungen zu hinterfragen. Dazu müssen grundrechtliche Regelungen geschaffen und verankert werden. Algorithmen seien laut Pfeiffer niemals objektiv – nicht nur, wenn sie von Menschen gemacht wurden, sondern auch dann nicht, wenn die Maschine selbst aus Erfahrungen lerne: „Daten sind mit Bias gefüllt, weil Menschen mit Bias gefüllt sind.“ Prof. Dr. Ammicht Quinn unterstreicht diese Aussage. Junge Menschen dürften im Bewerbungsprozess nicht von einer KI ausgesucht werden, die zum Beispiel gelernt hat, Frauen keine typischen „Männerberufe“ vorzuschlagen oder Menschen automatisch in Kategorien einzuteilen.

Pfeiffer betont: „Wir alle suchen Sicherheit in Zahlen. Diese müssen aber hinterfragt werden, denn nicht immer sind sie objektiv. Wir müssen die Kompetenz entwickeln, Grenzen der KI zu sehen.“ Prof. Dr. Lukas stimmt dem zu: „Wer einen Algorithmus nutzt, der Personal auswählt, trägt möglicherweise für eine diskriminierende Auswahl die Verantwortung und sollte dafür auch im rechtlichen Sinne haftbar sein.“ Auch politisch müsse man entsprechend auf KI reagieren: „Wir müssen uns um gesellschaftliche Bildung kümmern, bestehende Vorurteile abbauen und über die Funktion von Technik informieren.“ Grundsätzlich sollten wir uns alle um eine sachliche und informierte Diskussion über KI bemühen und genau abwägen, wann ihr Einsatz sinnvoll ist und wann nicht. Denn der Mensch bestimmt immer noch maßgeblich mit, wie sich die KI entwickelt. „Technikentwicklung und Technikgestaltung sind immer auch Gesellschaftsentwicklung und Gesellschaftsgestaltung“, zieht Prof. Dr. Ammicht Quinn ein Fazit.


29.10.2018

Weitere Informationen:

Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) initiierte vierteilige Gesprächsreihe „Arbeits-Früh-Stücke“ lässt Stimmen aus Wissenschaft und Wirtschaft zu kontroversen Thesen zu Wort kommen und hinterfragt damit Entwicklungen in unseren Arbeitswelten der Zukunft. Neben der Lokal- und Fachpresse sind auch interessierte Bürgerinnen und Bürger eingeladen, sich über die Inhalte und Botschaften des Wissenschaftsjahres 2018 und über innovative (Forschungs-)Projekte zum Thema Arbeitswelten der Zukunft zu informieren und mitzudiskutieren.

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