Keine Digitalisierung ohne klare Prozesse! Oder: Effiziente Digitalisierung, aber wie?

Ein Expertenbeitrag von Olaf Eisele, ifaa - Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. Da für Unternehmen auf Dauer kein Weg an der Digitalisierung vorbeiführt, stellt sich die Frage, wie der digitale Wandel im Unternehmen erfolgreich vollzogen werden kann. Wo und wie soll sinnvoll digitalisiert werden und welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit Digitalisierung nicht nur Kosten verursacht, sondern zu einer Verbesserung führt?
Digitalisierung kann in unterschiedlichen Formen und mit unterschiedlichen Zielsetzungen in Unternehmen stattfinden. Grundsätzlich lassen sich produkt- und prozessbezogene Digitalisierungsaktivitäten unterscheiden. Eine produktbezogene Digitalisierung ist dann erfolgreich, wenn Sie bei den Kunden eine kaufentscheidende Funktion erfüllt und die Kunden bereit sind, die für ein Produkt anfallenden Funktionskosten der Digitalisierung zu zahlen.

Im Gegensatz dazu sollen bei der prozessbezogenen Digitalisierung Unternehmensprozesse optimiert werden. Eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit durch Digitalisierung kann beispielsweise durch bessere Kundenorientierung in Form von benutzerfreundlichen Online-Bestellsystemen oder bessere Prozesseffizienz in Form einer automatisierten Kundenbestellabwicklung erreicht werden.

Der Wirtschaftsingenieur Olaf Eisele arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) e.V. und beschäftigt sich mit arbeitswissenschaftlichen Fragestellungen zu den Themen ganzheitliche Produktionssysteme, Industrial Engineering, Industrie 4.0 und ganzheitliches Produktivitätsmanagement innerhalb des Fachbereiches Unternehmensexzellenz.

Digitalisierungsmaßnahmen sind betriebswirtschaftliche Investitionen, die sich mit Methoden der Investitionsrechnung beurteilen lassen. Prozesse können jedoch eine Vielzahl von Verschwendungen enthalten. Um diese Verschwendungen nicht aufwändig zu digitalisieren und damit die Wirtschaftlichkeit der Digitalisierungsmaßnahme zu reduzieren, sollte vor jeder Digitalisierungsmaßnahme der betrachtete Prozess hinsichtlich Verschwendungen analysiert werden. Das Ergebnis einer Analyse kann u. U. sein, dass sich ein Prozess mit alternativen organisatorischen Maßnahmen komplett eliminieren lässt und eine Digitalisierung überflüssig wird.

Ein Beispiel für eine Digitalisierungsmaßnahme könnte die Wartezeitoptimierung an einer Kreuzung durch eine intelligente Ampelsteuerung mit Erfassung der wartenden Fahrzeuge und Verkehrsdichte über Sensoren und GPS-Daten sein. Eine Alternative hierzu wäre die Realisierung eines einfachen Kreisverkehrs. Mit einem Kreisverkehr lassen sich die Kosten für Stromversorgung, komplexer Ampelsteuerungstechnik, Überwachung, Wartung und Reparatur der Ampelanlage nachhaltig vermeiden und Wartezeiten für Fahrzeuge durch Umschaltzeiten der Ampeln sowie Risiken durch Ausfall der Anlagentechnik mit einfachen Prinzipien reduzieren.

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Das beschriebene Beispiel zeigt, dass Digitalisierung nicht an sich zu optimalen Verbesserungen führt. Erfolgreiche Digitalisierung setzt vielmehr voraus, die Prozesse zunächst genauer zu betrachten, zu verstehen und Möglichkeiten zur Reduzierung von Komplexität und Verschwendungen zu prüfen. Aufwand, Kosten und Risiken von Digitalisierungsmaßnahmen lassen sich dadurch im Vorfeld reduzieren und die Effizienz und Wirtschaftlichkeit von Digitalisierungsmaßnahmen deutlich erhöhen.


Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2018 - Arbeitswelten der Zukunft.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zu Voraussetzungen, Chancen und Beispielen erfolgreicher Digitalisierung finden sich auch in den Praxisbroschüren „Digitalisierung & Industrie 4.0“ des ifaa-Institut für angewandte Arbeitswissenschaft auf www.arbeitswissenschaft.net