Die Stadt und ihr Nachtleben

Forscher und Stadtplaner aus Hamburg plädieren dafür, die kulturellen, ökonomischen und stadträumlichen Potenziale des Nachtlebens zu entwickeln: Eine Governance der Nacht.

©stadtnachacht

Das Nachtleben gilt als ein Indikator für Urbanität und für die Attraktivität einer Stadt. Ein vielfältiges, ja vibrierendes Nachtleben gehört zum Bildversprechen der Großstadt. Dies gilt nicht nur für den Tourismusbereich. Das Nachtleben hat als Standortfaktor im Werben um junge Menschen in der Bildungs- und Berufseinstiegsphase und für die so oft zitierten innovativen Milieus eine wesentliche Bedeutung. Doch: Die Frage, welche räumlichen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Implikationen und Potenziale das Nachtleben für Städte mit sich bringt, wird bisher kaum thematisiert.

Über die Autoren

Jakob F. Schmid und Prof.-Dr.-Ing. Thomas Krüger

Jakob F. Schmid und Prof. Dr.-Ing. Thomas Krüger plädieren für eine stärkere Berücksichtigung des Nachtlebens und dessen Ökonomien in der Stadtentwicklungspolitik.

Auf Basis der Ergebnisse des Forschungsprojekts „stadtnachacht – Management der Urbanen Nachtökonomie“, das im Juli 2015 abgeschlossen wurde, gibt es gute Gründe für eine aktive Gestaltung des Nachtlebens im Rahmen der Stadtentwicklungspolitik von Großstädten. Hier sind die wichtigsten Punkte aufgeführt:

  • Als vielfach formulierter Anspruch an den Lebensraum Großstadt ist ein attraktives Nachtleben auch konkreter Standortfaktor.
  • Eine lebhafte und diverse urbane Nachtökonomie - als Oberbegriff für die wirtschaftlichen Akteure des freizeitbezogenen urbanen Nachtlebens - weist vielfältige Überschneidungen mit anderen Wirtschaftsbereichen wie der Musikwirtschaft und dem Tourismus auf und kann somit zur wirtschaftlichen Prosperität einer Stadt beitragen.
  • Spezifische Nutzungen der Nachtökonomie sind feste Pfeiler der städtischen Kultur - insbesondere im (pop-)kulturellen Bereich.
  • Ein attraktives Nachtleben kann stadträumliche Potenziale entfalten und einen Beitrag zu mehr Sicherheit in nächtlichen Stadträumen leisten. Der besondere Charakter des Nachtlebens und der zugrunde liegenden sozialen Bedürfnisse erfordern es allerdings, diese Zielsetzung eng mit Aspekten wie Sicherheit und sozialer Inklusion sowie der Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der nicht partizipierenden Teile der Stadtgesellschaft zu verbinden.
  • Spezifische Nutzungen des Nachtlebens können als Katalysatoren städtischer Transformationsprozesse fungieren und somit nicht nur zu umstrittenen Aufwertungsprozessen (Gentrifizierung) beitragen, sondern auch im positiven Sinne neue Räume für die Stadtgesellschaft eröffnen.

Das Thema tangiert grundlegende stadtentwicklungspolitische Herausforderungen der Zukunftsstadt: Auf der einen Seite die wachsende Pluralisierung von Lebensstilen und Kulturen, die in einer heterogenen Alltagspraxis zum Ausdruck kommt. Auf der anderen Seite die in der städtischen Dichte erforderliche Bewältigung räumlicher, funktionaler und zeitlicher Nutzungskonflikte, die angesichts einer Wiederentdeckung der Innenstädte als Wohnstandort an Brisanz gewinnen wird.

Auch wenn diese Nutzungskonflikte oft von diametral gegenüberstehenden Interessengeprägt sind (Schlaf vs. Vergnügen), sollten sich in der Zukunftsstadt ein attraktives, vielseitiges urbanes Nachtleben (Vergnügen) und andere Daseinsgrundfunktionen (Wohnen, Arbeiten, Erholen) nicht gegenseitig ausschließen. Die konkrete Aushandlung und Integration dieser (vermeintlichen) Widersprüche erfordert eine dezidiert räumliche Betrachtungsweise.

Die Dokumentation des Pilotprojekts „stadtnachacht – Management der Urbanen Nachtökonomie" steht kostenfrei als Download zur Verfügung.

Das Vorhaben der Initiative Nationale Stadtentwicklungspolitik wurde durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bauen und Reaktorsicherheit gefördert sowie durch die Hamburg Marketing GmbH, die Handelskammer Hamburg sowie die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt und die Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg unterstützt.

Weitere Informationen: Transferstelle Stadt & Nachtleben www.stadtnachacht.de

 

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2015 – Zukunftsstadt.

Metadaten zu diesem Beitrag

Schlagworte zu diesem Beitrag:

  • #Ressourcen
  • #Nachhaltigkeit
  • #Stadt
  • #Energie
  • #Wohnen
  • #Hamburg
  • #HafenCity Universität Hamburg/Universität für Baukunst und Metropolenentwicklung (HCU)

Mehr zum Themenfeld:


Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!