Online City Wuppertal: Ein digitaler Mantel für den lokalen Handel

E-Commerce verändert unsere Art einzukaufen fundamental. Auf der Strecke bleiben vielerorts leider die inhabergeführten Geschäfte. Denn sie tun sich schwer mit dem strukturellen Wandel im Einzelhandel. Leerstände oder qualitativ minderwertiger Einzelhandelsbesatz prägen mittlerweile vielerorts das innerstädtische Stadtbild. Die Online City Wuppertal (OCW) ist ein bundesweites Pilotprojekt, das dem lokalen Handel bei der Bewältigung der neuen Herausforderungen unter die Arme greift. Das Rezept ist denkbar einfach: In Wuppertal wird lokales Einkaufen mit E-Commerce-Elementen angereichert.

Innenansicht talKONTOR
Innenansicht des Versuchlabors talKONTOR
© Tom Kortmann, Mausklick Mediendesign

Unter dem Slogan „Lokal 1A shoppen – offline wie online“ hat die Online City Wuppertal einen innovativen Einzelhandelsförderungsansatz entwickelt. Diese „online-lokale“ Einzelhandelsförderung hat das zentrale Ziel, das Bewusstsein der lokalen Konsumbevölkerung für die digitale Kompetenz des ortsansässigen Einzelhandels zu schärfen – ohne den vielerorts strapazierten moralischen Zeigefinger „Kauft lokal, weil...“ zu heben.

Das über drei Jahre durch die Nationale Stadtentwicklungspolitik und lokale Projektpartner geförderte Pilotprojekt stellt also die Chancen der Digitalisierung für den lokalen Einzelhandel in den Vordergrund statt dem Kunden, der heute immer mehr auch im Internet einkauft und sich informiert, den Schwarzen Peter für Umsatz- und Frequenzverluste zuzuschieben.

Über den Autor

Andreas Haderlein

Andreas Haderlein ist Wirtschaftspublizist und selbstständiger Unternehmensberater. Als Partner des Projektes Online City Wuppertal gab er entscheidende Impulse zu dessen Realisierung.

Das Projekt ruht auf drei zentralen Säulen:

1. Säule: Infrastruktur zur lokalen Kaufkraftbindung

65 Händler sind mittlerweile mit Produkten und der Angabe deren Verfügbarkeit auf dem lokalen Online-Marktplatz talMARKT vertreten. Nach anfänglich 25 Händlern und 400 Produkten umfasst das Online-Sortiment mittlerweile über 10.000 Produkte. Und schon heute – gut ein Jahr nach dem Launch des Online-Marktplatzes – zeigt sich: Wird das Internet als Vorhof des stationären Handels adäquat über einen lokalen Online-Marktplatz mit Shop-Funktionalitäten und einer gesteigerten Servicewahrnehmung seitens der Kunden bespielt, wirkt sich das positiv auf Frequenz und Umsatz in den Geschäften aus.

Die taggleiche Lieferung (bei Bestellung bis 16.30 Uhr) oder Click & Collect (Selbstabholung) sind dabei integraler Bestandteil. Vor allem aber greifen die sogenannten RoPo-Effekte (Research online, Purchase offline). Anders formuliert: Kunden kommen nun in lokale Geschäfte, weil sie endlich deren Produkte über das Internet finden. Mit ihrer Präsenz auf einem Online-Marktplatz reagieren die Händler also zuvorderst auf ein verändertes Kaufverhalten, das heute zunehmend durch die Online-Produktsuche geprägt ist.

2. Säule: Händlerschulungen für mehr Digitalkompetenzen

Ein wichtiger Hebel der Händlerakquise waren und sind die Schulungen. Denn nur hier – im informellen Zusammenhang – gelingt der Vertrauensaufbau zur Händlerschaft. Mit den Schulungen wird eine nachhaltige Sensibilisierung für die notwendige zeitliche und finanzielle Investition in das Thema Digitalisierung erzielt. Das inhaltliche Repertoire reicht dabei von Grundlagen bis hin zu komplexen Sachverhalten wie: „Welche Warenwirtschaft passt zu mir?“

Schaubild zum Local Commerce Hub
Schaubild zum Local Commerce Hub
© Andreas Haderlein

3. Säule: Versuchslabor und Local Commerce Hub

Zu guter Letzt wurde mit dem talKONTOR  ein Versuchslabor für neue stationäre Verkaufskonzepte realisiert. Dieses ist in einem sichtbar unter Leerständen (Trading-Down-Effekt) leidenden innerstädtischem Einkaufszentrum in Wuppertal-Elberfeld verortet. Ziel ist es, hier mit einem Zwischennutzungskonzept Online-Händler „in die Fläche zu bringen“.

Es geht dabei aber nicht darum, unter allen Umständen neue Mieter in ein Einkaufszentrum zu bekommen, sondern darum, Alternativen zu standardisierten Vermietungs- und Flächenkonzepten zu finden, die wiederum eine Blaupause für andere B- oder C-Standorte sein können. Das insgesamt 181 Quadratmeter umfassende talKONTOR ist als Zwischennutzungskonzept gleichzeitig ein Vehikel der Leerstandsbekämpfung wie die logistische Schaltzentrale der OCW. Denn hier sind auch ein Abholschalter und das Zwischenlager für Online-Bestellungen bei lokalen Händlern verortet (siehe Abb.).

Die Wuppertaler Erkenntnisse können entscheidend dazu beitragen, die Wirtschaftlichkeit eines lokalen Marktplatzes mit taggleicher Lieferung zu beurteilen. Als neue Idee für den „alten“ Marktplatz Innenstadt muss sich das Projekt freilich noch behaupten. Allerdings zeichnet sich bereits heute ab, dass lokale Online-Marktplätze künftig nicht mehr aus dem Repertoire des Handelsmarketings wegzudenken sein werden.

Weitere Informationen erhalten Sie hier: www.onlinecity-wuppertal.de

 

 

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2015 – Zukunftsstadt.

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