Hängt die Höhe der Ausbildungsvergütung von Branche und Region ab?

Auszubildende der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg verdienen am besten. Zahlt der Betrieb nach Tarif, so erhalten sie im ersten Ausbildungsjahr 1.037 Euro.

Deutlich schlechter sieht es finanziell für Azubis im Kfz-Gewerbe in Thüringen aus. Sie erhalten zu Ausbildungsbeginn nur 610 Euro und somit 427 Euro weniger. Dies geht aus der aktuellen Auswertung des Tarifarchivs des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hervor. Das Team um den Tarifarchiv-Leiter Thorsten Schulten hatte die Zahlen aus 16 Tarifbranchen ausgewertet.

Das Ergebnis: Bei den Ausbildungsvergütungen bestehen große Unterschiede sowohl zwischen Branchen als auch zwischen Bundesländern.
Wer in Westdeutschland lebt, hat weitaus mehr Chancen auf eine hohe Ausbildungsvergütung als in Ostdeutschland. Auch zwischen dem Norden und Süden Deutschlands besteht ein Gefälle. Bundeseinheitliche Tarifregelungen finden sich beispielsweise nur bei Banken und Versicherungen, dem Öffentlichen Dienst, der Druckindustrie und der Deutschen Bahn.

Eine große Rolle bei der Höhe der Ausbildungsvergütung spielt, ob ein Betrieb sich an den Tarifverträgen orientiert oder nicht. Zwar besagt das Berufsbildungsgesetz, dass Azubis ein Recht auf eine ‚angemessene Vergütung‘ haben. Betriebe, die nicht tarifgebunden sind, dürfen das tarifliche Niveau nicht um mehr als 20 Prozent unterschreiten. „In der wachsenden Anzahl nicht-tarifgebundener Betriebe werden jedoch häufig deutlich niedrigere Vergütungen gezahlt, da die Angemessenheit eines bestimmten Vergütungsniveaus kaum transparent ist“, erklärt Thorsten Schulten. Er hält es für sinnvoll, die Tarifbindung zu stärken und eine gesetzliche Mindestgrenze der Ausbildungsvergütung einzuführen, so wie es im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbart wurde.

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Bei der Höhe der Ausbildungsvergütungen nach Tarif lassen sich für das erste Ausbildungsjahr drei Gruppen unterscheiden: hoch, mittel und gering. Die höchsten Vergütungen liegen bei 900 bis 1.000 Euro. So viel erhalten Azubis bei Banken und Versicherungen, im öffentlichen Dienst, in der chemischen und Druckindustrie und bei der Deutschen Bahn. Auf ein mittleres Gehalt von 700 bis 900 Euro kommen Azubis in der Textilindustrie, dem Bauhauptgewerbe, dem Einzelhandel, der Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie und der Süßwarenindustrie. In Westdeutschland außerdem Auszubildende des Privaten Verkehrsgewerbes, des Gebäudereinigerhandwerks, des Hotel- und Gaststättengewerbes und des Kfz-Handwerks. Zur dritten Gruppe gehören mit weniger als 700 Euro nur Betriebe in Ostdeutschland, wie etwa Speditionen und Logistikbetriebe in Brandenburg oder das Schlusslicht Kfz-Handwerk in Thüringen. Im dritten Ausbildungsjahr zeigen sich dann vor allem regionale Differenzen. In der chemischen Industrie ist dieser Unterschied mit 87 Euro zwischen Ost und West relativ gering. Mit 296 Euro ist die Differenz im Kfz-Handwerk am größten: 660 Euro erhalten Auszubildende in Brandenburg, 956 Euro in Baden-Württemberg.

02.08.2018