Schöne digitale Zukunft – und wo bleibt der Mensch?

Ein Expertenbeitrag von Prof. Dr. Armin Grunwald, Karlsruher Institut für Technologie

Niemand weiß, wie die Zukunft der Arbeit aussieht, auch wenn viele gerne vermeintlich sichere Prognosen in die Welt setzen. Sicher wissen wir nur, dass der technische Fortschritt weitergeht, dass Algorithmen und Roboter immer besser werden, und dass uns immer mehr bislang von Menschen durchgeführte Arbeit durch neue Technik abgenommen wird. Und anders als bei früheren Wellen der Automatisierung sind keineswegs nur einfache mechanische Tätigkeiten betroffen. Vielmehr wird die Digitalisierung auch Arbeitsplätze in der Mittelschicht bis hinein in den akademischen Bereich betreffen.

Prof. Dr. Armin Grunwald ist Leiter des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag und Professor für Technikphilosophie am Karlsruher Institut für Technologie. Dort leitet er auch das Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse.

Das muss nicht katastrophal für unseren Arbeitsmarkt sein, denn es werden auch neue Berufe und Arbeitsplätze entstehen. Allerdings ist an zwei Stellen Sorgfalt geboten. Erstens ist keineswegs gesagt, dass die Gesamtbilanz ausscheidender und neuer Arbeitsplätze ausgeglichen oder sogar positiv sein wird. Hier gehen die Prognosen weit auseinander. Und zweitens, da können wir sogar sicher sein, diejenigen, deren Arbeitsplätze verlorengehen, werden meistens nicht dafür qualifiziert sein, zu den neu entstehenden Arbeitsmöglichkeiten zu wechseln. Auf jeden Fall wird die Umwälzung des Arbeitsmarkts im Zuge der Digitalisierung soziale Kosten erzeugen. Hier ist vorausschauendes Handeln geboten, vor allem im Bereich der Aus- und Weiterbildung.

Das reicht aber möglicherweise nicht. Der technische Fortschritt kennt keine Grenze in sich selbst. Es wird nicht einfach einen Übergang in einen neu strukturierten Arbeitsmarkt geben, der dann lange Zeit stabil bleiben wird, so wie wir das in den beiden vorigen Jahrhunderten immer wieder erlebt haben. Sondern die Transformation wird weitergehen, angetrieben durch ökonomische Interessen und Wettbewerbsdruck. An dieser Stelle kommt die Frage nach gerechten oder sinnvollen Regulierungen ins Spiel. Zurzeit erhalten menschliche Arbeitnehmer Lohn und zahlen Steuern – Roboter nicht. Dieses Anreizsystem fördert natürlich die immer weitere Ersetzung menschlicher durch technische Arbeit. Wahrscheinlich werden wir irgendwann darüber sprechen müssen, warum wir uns Menschen durch dieses Anreizsystem in einen unnötigen Wettbewerbsnachteil gegenüber den Maschinen bringen. Dies ist kein Naturgesetz.

Das ist dann auch das Stichwort zum Abschluss: die Digitalisierung der Arbeitswelt verläuft nicht nach Naturgesetzen, sondern unter ökonomischen Bedingungen in einem regulatorischen Umfeld. Ob die Zukunft der Arbeit gut wird oder zu massiven sozialen gesellschaftlichen Problemen führen, ist weder Schicksal noch Verhängnis. Vielmehr ist es unsere Aufgabe, die Transformation als Prozess vorausschauend und aktiv zu gestalten.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2018 – Arbeitswelten der Zukunft.