Weg mit der Hierarchie? Neue Führungsmodelle für New Work

Anm. d. Red.: Dieser Beitrag ist zuerst auf dem Blog des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation zum Wissenschaftsjahr 2018 erschienen.

Ein Expertinnenbeitrag von Dr. Josephine Hofmann, Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO Wie sehen Organisationsformen in der Arbeitswelt der Zukunft aus? Wir haben eine Bestandsaufnahme zu den unterschiedlichsten Ansätzen von New Work unternommen und sind dabei auch der wichtigen Frage nachgegangen, welche neuen Möglichkeiten der Unternehmensorganisation, der Rollenverteilung und der Gestaltung von Führungsstrukturen sich heute schon finden lassen und wie sie sich bewähren.

Arbeitgeberattraktivität und Veränderungsfähigkeit sind Treiber von Organisations- und Führungsgestaltung

Sowohl Organisations- als auch Führungsstrukturen sind Mittel zum Zweck! Daher macht es zuerst einmal Sinn zu formulieren, welchen Kernherausforderungen sie sich stellen müssen: Zum einen erzwingen der derzeitige Fachkräftemangel und der veränderte demografische Aufbau unserer Gesellschaft wesentlich intensivere unternehmerische Bemühungen, für Mitarbeitende attraktiv zu sein. Wo der Arbeitsmarkt zum Nachfragermarkt wird, muss Forderungen nach Mitgestaltung, Work-Life-Balance und Sinnstiftung mit entsprechenden Angeboten entsprochen werden. Zum anderen erzwingt eine Unternehmensumwelt, die durch Unsicherheit, Volatilität und Dynamik gekennzeichnet ist, dass die Organisation auf ein höchstmögliches Maß an Veränderungsfähigkeit eingestellt ist.
Der „Change“, bisher immer eher als Übergangsphase zwischen altem IST und neuem SOLL verstanden, wird eher zum Dauerzustand werden – und mithin dauerhafte Veränderungsfähigkeit als solches der Zielzustand sein wird. Das erfordert, in der Anlage von Strukturen und Prozessen, auf höchstmögliche Beweglichkeit und Anpassbarkeit zu achten.

Dr. Josephine Hofmann ist seit zehn Jahren Teamleiterin am Fraunhofer IAO und gleichzeitig stellvertretende Leiterin des Forschungsbereichs „Organisationsentwicklung und Arbeitsgestaltung“. Damit ist sie maßgeblich verantwortlich für die strategische Weiterentwicklung und die verantwortliche Akquisition von Projekten in den Themengebieten „Arbeit 4.0", „Flexible Arbeitskonzepte", „Führungs- und Steuerungssysteme" sowie „Neue Lernformen und Mitarbeiterentwicklung". Die studierte Verwaltungswissenschaftlerin promovierte zu den langfristigen Organisationsfolgen des Einsatzes virtueller Arbeitsformen.

Und was funktioniert? Drei hervorragende Unternehmensbeispiele auf der XING New Work 2018

Auf der XING New Work Konferenz 2018 in Hamburg konnten wir mit drei Unternehmensvertretern aus unseren Fallstudien diskutieren, wie deren Ansätze hin zu Mitarbeiterattraktivität und Veränderungsfähigkeit aussehen. So unterschiedlich diese auch sind – sie alle zeichnen sich durch eine unbedingte Orientierung am Kundennutzen, eine Abkehr von klassischen Organigrammen und ein großes Maß an Selbstorganisation und Selbstverantwortlichkeit des Einzelnen aus.

Weg vom Silodenken...

So z.B. bei B.Braun in Melsungen, wo mit dem Projekt „Task and Teams“ klassische hierarchische Silos aufgebrochen wurden und mit Organisationsformen in Anlehnung an holakratische Prinzipien gearbeitet wird. Selbstorganisation und Reflektion in zwei zentralen internen Bereichen (HR und Kommunikation) – inmitten einer „klassischen“, hierarchischen Großorganisation;

…hin zu hochverantwortlichen, entscheidungsfähigen Mitarbeitern

Die P3 Group verzichtet auf klassische Organigramme und stellt in einer ausschließlich projektorientierten Organisation die In-Wert-Setzung von Fähigkeiten und Kompetenzen der Mitarbeitenden ganz in den Mittelpunkt ihrer Organisation, übrigens auch unter weitestgehendem Verzicht auf fixe Vorgaben z.B. in Bezug auf Reiseabrechnungen oder sonstige administrative Vorschriften;

…bis zu gewählten Führungskräften

Unser drittes Beispiel, die praemandatum GmbH in Hannover, organisiert ihr unternehmerisches Handeln mit Grundprinzipien der Gleichberechtigung, basisdemokratischen Entscheidungsstrukturen, gewählten Führungskräften und egalitären Gehaltsprinzipien. Dieses in unserem Wirtschafts- und Bildungssystem sehr seltene Vorgehen wird sinngemäß so begründet: „Wir gehen davon aus, dass hier jeder sein Bestes gibt. Wieso sollte meine Zeit mehr wert sein wie die des Kollegen?“

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Und wie steht es mit der Übertragbarkeit dieser Prinzipien auf Ihre Organisation?

Neben der Aufbereitung unserer Fallstudien in den BMAS-Experimentierräumen werden wir die angerissenen Fragen der zukunftsfähigen Gestaltung von Führung und Organisation auf der Veranstaltung „Digital Leadership – Führung in der digitalen Transformation“ am 10. Juli 2018 in Stuttgart näher diskutieren.
Haben Sie Lust diese und andere Konzepte kennenzulernen und zu diskutieren? Dann freuen wir uns über Ihre Teilnahme – am 10. Juli.


Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2018 – Arbeitswelten der Zukunft.