Partizipative Zukunftsszenarien: Gestalten, wie wir in Zukunft arbeiten wollen

Anm. d. Red.: Dieser Beitrag ist zuerst auf dem Blog des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation zum Wissenschaftsjahr 2018 erschienen.

Ein Expertinnenbeitrag von Simone Kaiser, Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO Zukünftig tauschen sich Mitarbeitende auch mit Maschinen darüber aus, wer welche Schicht übernimmt. Es werden Biosignale von Mitarbeitenden ausgewertet und zur Einhaltung von Ruhezeiten und zur Gesunderhaltung genutzt. Wunschszenario oder Utopie? Die Zukunft unserer Arbeit bietet viele Möglichkeiten – und wir könnten sie aktiv gestalten!
Bei vielen weckt die Vorstellung solcher Szenarien ambivalente Gefühle – von Optimismus, über Unsicherheit bis zu Angst. Gleichzeitig ist dieser technologische Wandel auch mit einem sozialen und kulturellen Wandel eng verbunden. Anforderungen und Erwartungen von Mitarbeitenden und Führungskräften an einen „guten“ Arbeitsplatz und „gute“ Arbeit verändern sich parallel zu technischen Entwicklungen. Vor Unternehmen liegt die Zukunft, egal ob nah oder in weiter Ferne – wie in dichtem Nebel.

Simone Kaiser ist stellvertretende Leiterin des Center for Responsible Research and Innovation (CeRRI) des Fraunhofer IAO sowie Leiterin „Gesellschaftliche Trends & Technologie“ des CeRRI. In ihrer Arbeit sucht und baut sie neue Brücken zwischen gesellschaftlichen Bedarfen und Zukunftstechnologien. Für Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik entwickelt sie Vorgehensmodelle, die es ermöglichen, Innovationen entsprechend der Wünsche und Ansprüche von BügerInnen und Nutzenden zu gestalten.

Aktive Zukunftsgestaltung statt Unsicherheit

Dieser Nebel löst bei vielen Unternehmen Verunsicherung aus. Die meisten versuchen, wahrscheinliche oder mögliche Entwicklungen so gut es geht antizipieren, um sich so bestmöglich auf die Zukunft vorzubereiten. Dieser Ansatz hat etwas Schicksalhaftes und nimmt den Unternehmen Gestaltungsraum. Das Fraunhofer IAO geht deshalb einen anderen Weg: mithilfe designbasierter, partizipativer und co-kreativer Methoden werden WÜNSCHBARE Zukunftsszenarien entwickelt und damit eine aktive, akzeptierte und nachhaltige Gestaltung der Arbeitswelt der Zukunft ermöglicht. Dabei geht es weniger um Wissen über zukünftige Entwicklungen, als vielmehr um deren aktive Gestaltung. Mit designbasierten Methoden können die Anforderungen von Mitarbeitenden und Führungskräften an die Arbeit der Zukunft identifiziert und für die Strategieentwicklung nutzbar gemacht werden. So ist es möglich, Zukunft aktiv zu gestalten und Unternehmen und Mitarbeitende zukunftsfähig zu machen.

Partizipative Zukunftsszenarien als Grundlage für Transformationsprozesse

Mit partizipativen Zukunftsszenarien können zum einen Transformationsprozesse für Unternehmen gestaltet, aber auch Innovation und Forschung entlang der Anforderungen von Nutzenden gestaltet werden. Um eine gemeinsame akzeptierte, nachhaltige und bedarfsorientierte Vision zu entwickeln, müssen alle relevanten Stakeholder aus Technologieentwicklung, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft kollaborativ zusammengebracht werden. In verschiedenen Multi-Stakeholder-Workshops sprachen wir über die Wünsche für die Gestaltung der Zukunft der Arbeit, um auf dem Grundstein proaktiv auf die Zukunft hinzuarbeiten. Beispielsweise wurden in einem designbasierten Kreativworkshop mit Vertretern und Vertreterinnen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Stiftung und Gewerkschaft praxisnahe Konzepte entwickelt, um eine gemeinsam getragene Zukunftsvorstellung für Arbeit im Jahr 2025 zu erreichen. Dabei wurde deutlich: Die Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsort je nach individueller Lebensphase und Präferenz spielt eine bedeutende Rolle, zumindest in der kurzfristigen Zukunft der Arbeit. Ein Abgleich der Bedarfe verschiedener Seiten im Unternehmen würde beispielsweise eine effizientere Ressourcennutzung ermöglichen. Darüber hinaus könnten sich Unternehmen – abhängig von Region und Branche – stärker vernetzen und Ressourcen teilen, beispielsweise Werkshallen oder Beschäftigte mit ähnlichen Kompetenzen. Voraussetzung für das Gelingen solcher Veränderungen ist der frühzeitige Einbezug aller betroffenen Akteure.

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Wunsch an die Arbeit der Zukunft: Digitale Mentoren und Tools

Auch im Projekt „Shaping Future“ entwickelten Bürgerinnen und Bürger Zukunftsszenarien zu zukünftigem Arbeiten auf Grundlage ihrer Wünsche und Ansprüche an die Mensch-Maschine-Interaktion der Zukunft. (Nicht) unähnlich zu den Zukunftsvorstellungen der Arbeit aus dem Multi-Stakeholder-Workshop zeigten die Ergebnisse, dass sich die Bürgerinnen einen digitalen Mentor wünschen, der sie bei der Bewältigung ihrer beruflichen Anforderungen unterstützt und der sehr fürsorglich entsprechend ihrer individuellen Präferenzen, Werthaltungen und Talente agiert: Big Mother statt Big Brother. Darüber hinaus wünschen sich die Workshop-Teilnehmenden Tools zur automatischen Überwachung und Optimierung ihrer individuellen Work-Life-Balance oder zur Unterstützung beruflicher Kommunikation und Networking.


Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2018 – Arbeitswelten der Zukunft.