Zukunft der Arbeit im Kulturbereich: Warum Leidenschaft nicht alles ist

Ein Expertinnenbeitrag von Kristin Oswald, Kultur Management Network Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Geht es um die Arbeitswelten der Zukunft, ist allerorten von der zunehmenden Bedeutung der so genannten „purpose driven organisations“ für die nächsten Generationen an Arbeitnehmenden die Rede. Gemeint sind Unternehmen, die nicht ausschließlich nach Gewinn streben, sondern etwas zur Verbesserung der Gesellschaft beitragen. Will man in Zeiten des demografischen Wandels junge Menschen als Mitarbeitende gewinnen und binden, muss man die eigene Organisation also an höheren Zielen ausrichten.

Nun sollte man denken, dass der von der öffentlichen Hand finanzierte Kulturbereich diesem Ideal genau entspricht. Schließlich geht es Museen, Theatern, Orchestern usw. nicht um Profit, sondern um Werte wie Bildung, kritisches Denken oder das Reflektieren gesellschaftlicher Zustände. Sie sind „purpose driven“ (sinngemäß: geleitet von einem höheren Ziel) in allem, was sie tun. Doch genau das ist auch ihr Problem: Die Leidenschaft für die Kunst steht über allem und oft auch über den Bedürfnissen der Mitarbeitenden.

Kristin Oswald leitet die Online-Redaktion von Kultur Management Network. Dabei beschäftigt sie sich mit der Entwicklung des Kulturbereichs und derzeit insbesondere mit der Zukunft der Arbeit in Kultureinrichtungen. Daneben ist sie freiberuflich in der Wissenschaftskommunikation und im Museumsmarketing mit Schwerpunkt online tätig.

Die Zukunft der Arbeit im öffentlichen Kulturbereich ist von einem ewigen Dilemma geprägt: Eigentlich sollen diese Organisationen Orte der Kreativität sein. Doch in ihrer Struktur sind sie Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung und damit den Vorgaben ihrer Träger unterworfen. Die Zukunft der Arbeit findet deshalb im Kulturbereich nicht, wie man denken würde, ihre perfekte Ausprägung – ein Arbeitsort mit flexiblen Strukturen und vielen Freiräumen, an dem sich die Mitarbeitenden entfalten können. Vielmehr sind sie oft das Gegenteil: Arbeitsorte, die zugunsten ihres hehren Ziels prekäre Beschäftigung, befristete Arbeitsverträge und Selbstausbeutung fördern. Kreativität kann hier nur zwischen 9 und 17 Uhr im Büro stattfinden. Von digitaler Infrastruktur oder gar Künstlicher Intelligenz ist man gerade in kleinen Häusern weiter entfernt als so mancher mittelständische Handwerksbetrieb. Bewerbungen für Online-Stellen können noch immer meist nur postalisch eingereicht werden. Personalentwicklungs- und Weiterbildungsstrategien gibt es nur selten. Die Hierarchien sind streng und ein Aufstieg im selben Haus so gut wie unmöglich.

Eine Beschreibung des Status quo der Zukunft der Arbeit im Kulturbereich entspricht also eher dem der öffentlichen Verwaltung als dem der Start-up-Szene, in der die meisten „purpose driven organisations“ angesiedelt sind. Und bisher war das auch kein Problem. Trotz der schwierigen Konditionen rannten die Bewerberinnen und Bewerber den Kultureinrichtungen die Türen ein. Doch die Veränderung macht sich langsam bemerkbar. Der Kultur-Arbeitsmarkt wandelt sich vom „war of talents“ zum „war for talents“. Denn gerade die jungen Generationen möchten nicht mehr um jeden Preis im Kulturbereich arbeiten. Ihnen reicht der purpose allein nicht, sie wollen Entwicklungsmöglichkeiten, Work-Life-Balance und auch ein bisschen Profit.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2018 - Arbeitswelten der Zukunft.

Weitere Informationen

Detaillierte Informationen zur Zukunft der Arbeit im Kulturbereich bieten diese Themenreihe  und die Magazinausgabe von Kultur Management Network.