Führungskraft oder Software – wer trifft die Entscheidungen der Zukunft?

Ein Expertinnenbeitrag von Dr. Martina Frost, ifaa - Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. Die Digitalisierung ermöglicht es, Prozesse (z.B. die Personaleinsatzplanung) und Gegenstände über Arbeitsmittel (z.B. Bohrer) bis hin zu Alltagsgegenständen (z.B. Lampen) miteinander zu verbinden und diese Systeme anhand von Software 4.0 zu steuern. Die Anwendungsmöglichkeiten sind zahlreich und betreffen unseren Alltag im privaten Bereich genauso wie im beruflichen. So lässt sich zum Beispiel die Heizung oder auch die Lampe in der Wohnung über eine App auf dem Smartphone steuern (SmartHome). Ebenso kann die Navigationssoftware, anhand von in Echtzeit erfassten Bewegungsdaten anderer Verkehrsteilnehmenden, aktuelle Stauinformationen direkt in die Routenführung integrieren.


Auch im Bereich des Zug- und Flugverkehrs können die Systeme zukünftig Weichen oder Flugklappen steuern und den Verkehr beeinflussen. Im Bereich der Produktion können Daten über die Tätigkeit des Roboters, den Weg des Werkstücks durch die Produktion, die Beleuchtung und das Raumklima in der Fabrik, die Tätigkeit der Fachkraft und auch Informationen über Gefahrgüter angezeigt und auch miteinander in Verbindung gebracht werden. Ebenso ließe sich anhand der Software die Höhe des Arbeitstisches automatisch an die körperlichen Bedarfe der Beschäftigten anpassen (personenbezogene digitale Ergonomie). Während des Produktionsprozesses werden neben Sach-, Material- und Auftragsdaten auch Daten über Ort, Zeit und Ergebnis der Tätigkeit des arbeitenden Menschen gesammelt.

Dr. phil. Martina C. Frost studierte Psychologie in Bonn und Aachen mit dem Schwerpunkt Arbeits- und Organisationspsychologie. Nach ihrem Diplom promovierte sie am Institut für Psychologie der RWTH Aachen zum Thema „Diagnostik und Training von Anpassungsleistungen an Veränderungen“ und war dort in der Lehre sowie als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektleitung tätig. Sie ist zertifizierter Coach für Fach- und Führungskräfte und seit Oktober 2015 im Fachbereich Arbeits- und Leistungsfähigkeit am Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) in Düsseldorf beschäftigt. Dort leitet sie das Teilvorhaben „Führung und Organisation“ des BMBF-Verbundprojekts „Prävention 4.0“.

Auf diese Weise wird auch der Mensch (Führungskräfte und Beschäftigte) Teil dieses vernetzten Systems. Entscheidungen können demzufolge zunehmend von Algorithmen bzw. Software übernommen werden. Dies hat einen Einfluss auf die Zusammenarbeit von Beschäftigten und Führungskräften und kann die Rolle von Führungskräften verändern. Zum einen können autonome technische Systeme die Führungskraft entlasten, indem sie beispielsweise Routine-, Lenkungs- und Einsatzaufgaben (z.B. digitale Personaleinsatzplanung) übernehmen. Die Führungskräfte gewinnen (Zeit-)Ressourcen und können sich verstärkt auf die optimale Gestaltung der Arbeitsaufgabe, die aktivierenden Kontexte für die Zusammenarbeit sowie auf die strategische Entwicklung ihres Zuständigkeitsbereiches konzentrieren. Wichtig ist, dass der Mensch weiterhin die Kontrolle über die Steuerung der Prozesse hat und anhand zuvor festgelegter Kriterien bestimmt, welche Entscheidungen von der autonomen Software gesteuert und welche weiterhin beim Menschen belassen werden sollten. Dies erfordert von Führungskräften die Kompetenz entscheiden zu können, bei welchen Aufgaben die Technologien und bei welchen die Menschen und ihre sozialen Beziehungen Vor- und Nachteile besitzen bzw. wo Entscheidungen von der Software übernommen werden sollten.

Das BMBF- Forschungsprojekt Prävention 4.0 untersucht unter anderem, welche Aspekte Führungskräfte in der Arbeitswelt beachten sollten, damit Arbeit gesund, sicher und produktiv gestaltet werden kann. Ziel des Projekts ist es, kleinen und mittelständischen Unternehmen diese Ergebnisse in Form einer Checkliste sowie einer Umsetzungsempfehlung zur Verfügung zu stellen. 

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2019 - Künstliche Intelligenz.

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