KI als Chance für gute Arbeit

Ein Expertenbeitrag von Oliver Suchy, Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)Es ist richtig (und wichtig), dass eine intensive Diskussion um Künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt hat. Allerdings ist der Begriff „Intelligenz“ irrenführend und verführt in der gesellschaftlichen Debatte allzu oft zu unrealistischen Vorstellungen. Würden wir stattdessen von Maschinen sprechen, die aufgrund von großen Datenmengen, Mustererkennung und Feedbackschleifen selbstständig lernen, werden damit vermutlich weniger Horrorvorstellungen verbunden sein. Dennoch: KI löst eine enorme Veränderungsdynamik aus. Und dies betrifft auch in hohem Maße die Arbeitswelten. Wesentlich dabei ist zu verstehen, dass auch lernende Maschinen – also KI – auf menschlicher Intelligenz beruhen und Zielen folgen, die von Menschen vorgegeben werden. Es geht dabei also nicht um ein Kräftemessen mit den Maschinen, sondern um die Ziele, die mit KI-Systemen erreicht werden sollen.

Die entscheidenden Fragen lauten: Wer legt die Ziele fest, auf welcher Grundlage (Trainingsdaten) lernt eine KI und wie werden persönliche Daten von Beschäftigten dafür genutzt? Hier können Zielkonflikte entstehen. So kann KI zum Beispiel für Assistenzsysteme genutzt werden, die die Arbeitsbedingungen erleichtern. Gleichzeitig kann sich die Optimierung auch auf die Beschäftigten beziehen und zur Leistungssteuerung, am Ende sogar zu einer Bestenauslese, führen.

Oliver Suchy arbeitet seit 2001 im DGB-Bundesvorstand, wo er u. a. mit der politischen Strategieentwicklung sowie der Konzeption und Umsetzung von Kampagnen betraut war. Von 2014 bis 2018 entwickelte und leitete er das Projekt „Arbeit der Zukunft“ mit dem Schwerpunkt ‚Digitalisierung der Arbeitswelt. Seit 2018 leitet er dort die Abteilung „Digitale Arbeitswelten und Arbeitsweltberichterstattung“. Er ist Mitglied der Plattform „Lernende Systeme“ des BMBF sowie zur „Digitale Arbeitswelt“ im BMAS und vertritt den DGB u.a. im Steuerkreis der Initiative „Neue Qualität der Arbeit“ (INQA).

Um die nötige Akzeptanz zu erreichen, darf KI nicht hinter dem Rücken der Beschäftigten eingesetzt werden. Es braucht Transparenz über die Wirkungsweise der KI-Anwendung im Betrieb und eine Stärkung der Aushandlungsprozesse. Die Beschäftigten und ihre Betriebs- und Personalräte müssen auf Augenhöhe über die Zielsetzung und Umsetzung der Technologie mitbestimmen können. So können Zielkonflikte bei der Nutzung der persönlichen Daten ausgeräumt und – extrem wichtig für die Arbeit der Zukunft – die Folgen für Belastungsprofile oder Qualifizierungsbedarfe präventiv abgeschätzt werden.

Die Verhandlung von Optimierungszielen für ein KI-System im betrieblichen Kontext ist auch eine Voraussetzung, um das Erfahrungswissen der Beschäftigten für die Prozessoptimierung zu nutzen, die nutzer- bzw. arbeitnehmerfreundliche Umsetzung zu erleichtern und damit Synergien für eine erfolgreiche Umsetzung im Sinne von guter Arbeit, wirtschaftlichem Erfolg und gesellschaftlichem Fortschritt zu erreichen.

Die Aushandlungsprozesse sind von besonderer Bedeutung, wenn KI-Systeme auf persönlichen Daten von Beschäftigten basieren oder diese tangieren. Information und Beteiligung sind zwar wichtig, aber ebenso unzureichend wie das Prinzip der ‚informierten Einwilligung‘ für die Nutzung persönlicher Daten, das angesichts der Situation von abhängig Beschäftigten kein Maßstab im Arbeitsleben sein kann. Vielmehr müssen kontinuierliche Prozesse vereinbart werden, mit denen die Entwicklung einer KI sozialpartnerschaftlich begleitet werden, um unerwünschte Risiken und Nebenwirkungen zu vermeiden. Durch solche Wege für Akzeptanz und Vertrauen werden sich die positiven Potenziale von KI für gute Arbeit verwirklichen lassen.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2019 – Künstliche Intelligenz.

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