KI für das wissensbasierte Fahrzeug der Zukunft

Ein Expertenbeitrag von Prof. Dr.-Ing. Stephan Rinderknecht, Technische Universität Darmstadt

Fahrzeuge, die auf Basis der realen und individuellen Betriebsdaten Wissen generieren, um sich selbst und die gesamte Flotte zu optimieren, stellen die nächste Generation in der Entwicklung des Automobils dar. Die Digitalisierung des Automobils in Zusammenhang mit KI eröffnet dabei neue Perspektiven bei der Adressierung der entscheidenden Themen zukünftiger Mobilität wie Effizienz, Emissionen, Leichtbau und autonomes Fahren.

Prof. Dr.-Ing. Stephan Rinderknecht absolvierte sein Studium der Luft- und Raumfahrttechnik und promoviert anschließend an der selbigen Universität Stuttgart (1984 – 1995). Er war Bereichsleiter Forschung & Entwicklung bei GETRAG Getriebe- und Zahnradfabrik Hermann Hagenmeyer GmbH & Cie. KG und wurde 2009 Professor für Mechatronische Systeme im Maschinenbau an der Technischen Universität Darmstadt. Seit 2017 ist er dort Dekan des Fachbereichs Maschinenbau.

Der Forschungsverbund Fahrzeug 5.0 der TU Darmstadt hat sich der Entwicklung dieser neuen Generation des Automobils verschrieben. Der moderne Maschinenbau übernimmt dabei basierend auf seiner zukunftssichernden anwendungs-orientierten Kompetenz für technische Gesamtsysteme die federführende inspirierende Rolle in dieser interdisziplinären Zusammenarbeit.

Ein Kernaspekt dieses Forschungsverbundes sind realfahrt-optimierte Antriebe. Deren Optimierung erfolgt nicht für normierte Fahrzyklen, sondern auf Basis der realen Fahrzeugnutzung, die durch die Aufzeichnung von Fahrzeugbetriebsdaten ermittelt wird.
Dies ermöglicht eine verbesserte datenbasierte Auslegung und Betriebsweise der Fahrzeuge. Wie das Fahrzeug tatsächlich genutzt wird, kann in einem repräsentativen agilen Fahrzyklus auf Basis von aufgezeichneten Flottenfahrdaten abgebildet werden, die höchste Anforderungen an den Privatheitsschutz erfüllen (Smart Big Data). Auf diese Weise lassen sich Verbräuche für den Realbetrieb bestimmen. Ein solcher Ansatz wurde im öffentlich geförderten Projekt FahrKLang erarbeitet, um das Potential von verschiedenen Antriebsstrang-technologien zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen im zukünftigen Verkehr zu ermitteln.

Neben der Optimierung des Antriebsstranges werden Verfahren entwickelt, wie die Steuerung von Fahrzeugen durch KI mit Blick auf autonomes Fahren verbessert werden kann. Insbesondere durch die zukünftige Vernetzung der Fahrzeuge können mehr Informationen für eine intelligente Fahrzeugsteuerung genutzt werden. KI ermöglicht dabei, dass autonome Fahrzeuge diese großen Datenmengen verarbeiten können und lernen, z. B. besonders verbrauchssparend oder komfortabel zu fahren.

Der Forschungsverbund Fahrzeug 5.0 forscht darüber hinaus an weiteren Paradigmenwechseln in der Automobiltechnik, die durch die Wissensgenerierung aus realen Betriebsdaten möglich werden.
In der Anwendung des „Softwarebasierten Leichtbaus“, der sich über das Startup Compredict bereits im Transfer in die Industrie befindet, erfolgt eine Erfassung von Lastkollektivdaten des Fahrzeugs. Dafür kommen sogenannte KI-basierte virtuelle Sensoren zum Einsatz. In Verbindung mit einem Lebensdauermonitoring können die Bauteile zielgerichteter dimensioniert werden, um so den Ressourcenbedarf zu reduzieren bzw. zu minimieren.

Bei all diesen Methoden wird die maschinelle Lernfähigkeit der KI mit dem über Jahrzehnte gewachsenen technischen Know-how der Ingenieursdisziplin des Maschinenbaus kombiniert. Auf diese Weise lassen sich die Systemgrenzen der technischen Systeme allmählich erweitern, um für die Gesellschaft einen die Sektoren Mobilität, Energie, Gebäude und Industrie verbindenden Weg zu erschließen, der in Richtung einer ganzheitlichen Ressourceneffizienz führt. Somit tragen die Technikwissenschaften ganz entscheidend zur Sicherung der UN-Nachhaltigkeitsziele bei.

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