Kurz und Knapp

  • Die Auswertung bestimmter Erdbebensignale war lange Zeit nur manuell durch Seismologinnen und Seismologen möglich.
  • Da mittlerweile aber immer mehr Daten zur Verfügung stehen, wurde die Analyse sehr personal- und zeitaufwendig. Bisherige automatisierte Verfahren blieben zu ungenau.
  • Jetzt hat ein Forscherteam ein KI-basiertes Verfahren vorgestellt, das die Analyse ebenso gut wie ein erfahrener Seismologe durchführt.

Studie: Algorithmen arbeiten inzwischen ebenso exakt wie Seismologen

Erdbebensignale optimal zu analysieren, spielt eine entscheidende Rolle bei der Lokalisation von Erdbebenzentren. Dabei ist eine exakte Auswertung der Daten oft Voraussetzung für weitere seismologische Erhebungen – zum Beispiel auch, um Nachbeben vorhersagen zu können. Doch je mehr Daten zur Verfügung stehen, umso größer der Aufwand. Ein internationales Forscherteam hat nun ein auf Künstlicher Intelligenz basierendes Verfahren entwickelt und ist der Ansicht, es könne die Daten ebenso gut analysieren wie eine erfahrene Seismologin oder ein erfahrener Seismologe.
Konkret geht es darum, die Ankunft von Erdbebenwellen an der Seismometerstation, den sogenannten Phaseneinsatz, genau bestimmen zu können. Die Auswertung der Seismogramme ermöglicht, die verschiedenen Phasen zu identifizieren, und wird „Picken“ genannt. Das Picken geschieht traditionell von Hand. Doch dabei kann zum einen die Subjektivität des Menschen die Genauigkeit beeinträchtigen. Zum anderen ist die manuelle Auswertung sehr personal- und zeitaufwendig, da es immer mehr auszuwertende Daten gibt. Die bisher entwickelten automatisierten Verfahren brachten nicht das gewünschte Ergebnis.

Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), der University of Liverpool und der University of Granada haben nun gezeigt, dass KI die Daten ebenso genau auswerten kann wie ein Mensch: Sie setzten ein faltendes neuronales Netz (Convolutional Neural Network – CNN) ein, um die Phaseneinsätze eines seismischen Netzwerks in Chile zu bestimmen. CNN sind von biologischen Nervensystemen inspiriert und bestehen aus verschiedenen Schichten von miteinander verbundenen künstlichen Neuronen. Beim Deep Learning, einer Methode des Maschinellen Lernens, werden die erkannten und gelernten Merkmale von Schicht zu Schicht weitergereicht und dabei immer weiter verfeinert.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Künstliche Intelligenz die Erdbebenanalyse wesentlich verbessern kann – nicht nur bei großen Datenmengen, sondern auch bei begrenzter Datenlage“, erklärt Andreas Rietbrock vom Geophysikalischen Institut (GPI) des KIT, der an der im Fachblatt „Seismological Research Letters“ veröffentlichten Studie beteiligt war. Das Team trainierte das CNN nämlich mit einem relativ kleinen Datensatz zu 411 Erdbebenereignissen im Norden von Chile. Dessen ungeachtet bestimmte die KI die Einsatzzeiten verschiedener Erdbebenwellen mindestens so genau wie ein erfahrener Seismologe beim manuellen Picken und genauer als ein klassischer Picker-Algorithmus.

 

04.06.2019

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