Kurz und Knapp

  • Eine Umstellung auf E-Mobilität klappt nur, wenn das Stromnetz der zukünftigen Auslastung gewachsen ist. Doch noch sind nicht alle Netze ausreichend ausgebaut.
  • Künstliche Intelligenz kann jedoch dabei helfen, die bestehenden Netze zu optimieren. Das „Smart Charging“-Konzept der Universität Passau überwacht und steuert die Ladezeiten.
  • Droht dennoch eine Überlastung des Stromnetzes, werden die Ladeleistungen automatisch kurzzeitig reduziert. Doch der intelligente Algorithmus kann noch viel mehr...

Wie sich Ladeprozesse für E-Mobilität optimieren lassen

Man stelle sich vor: Man lädt sein E-Fahrzeug an einer Ladestation – und plötzlich fällt das Stromnetz aus. Gibt es nicht? Zum Glück nicht! Denn noch gibt es selten genug E-Fahrzeuge, die gleichzeitig laden wollen. Doch das könnte sich in Zukunft ändern. Ob die Umstellung auf Elektromobilität klappt, hängt unter anderem vom Stromnetz ab.

Ist es nicht ausreichend ausgebaut, besteht die Gefahr, dass das Stromnetz instabil reagiert oder gar ausfällt, wenn sehr viele E-Fahrzeuge gleichzeitig laden. Das Problem: Der Ausbau kostet viel Geld und dauert. Daher hat ein europaweites Forschungsteam im EU-Horizon-Projekt „ELECTRIFIC“ Ideen entwickelt, wie sich das bestehende Netz mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) optimieren lässt.

Das Team der Universität Passau konzentriert sich dabei auf die intelligente Einbindung der Ladeprozesse in das Stromnetz. „Intelligent laden – das fasst unsere Strategie am besten zusammen“, sagt Hermann de Meer, Projektleiter und Professor an der Universität Passau. „Beim Stromnetz rechnen wir mit Innovationszyklen von 30 Jahren. Wir müssen die sehr viel kürzeren Innovationszyklen der Informationstechnologie nutzen, um das Stromnetz fit für die Zukunft zu machen.“

Das Passauer Team hat ein zweistufiges Steuerungskonzept für „Smart Charging“ konzipiert. Mit dessen Hilfe können Stromnetzbetreiber die Spannungs- und Lastdaten im Blick behalten. Um eine Netzüberlastung zu verhindern, verlagert der Algorithmus künftige Ladeprozesse in andere Netzbereiche oder auf andere Uhrzeiten. Wenn trotz frühzeitiger Ladeplanung Überlastung durch laufende Ladeprozesse droht, gleicht der reaktive Teil des „Smart Charging“-Konzepts dies durch kurzeitig reduzierte Ladeleistung automatisch aus.

Das System wurde vom Forschungsteam getestet und mit Daten der niederbayerischen Kleinstadt Vilshofen trainiert. Dort betreibt das Bayernwerk beim Kundencenter eine kleine E-Flotte und die Ladeinfrastruktur ist entsprechend vergleichsweise gut ausgebaut. Über eineinhalb Jahre wurde ein kleines Netzgebiet von nur einigen Häuserblocks, an dem aber acht Ladestationen hängen, beobachtet. Selbst bei einer Auslastung aller acht Stationen kam das Netz nicht an seine Grenzen, so das Ergebnis des Forschungsteams. Die Fahrzeuge machten im Maximum etwa die Hälfte der Gesamtleistung aus.

Das internationale „ELECTRIFIC“-Team arbeitete noch weitere Ideen aus, wie sich Elektromobilität mittels KI auf möglichst grüne Wege lenken lässt: Mit einem intelligenten Ladezeitenplaner für Elektrobusse, durch das die Busflotte mit möglichst viel Ökostrom geladen werden kann. Oder einem intelligenten Routenplaner für E-Autos, der Ladezeiten vorschlägt, welche die Netzauslastung, den Anteil an Ökostrom und die Batterie des Fahrzeugs berücksichtigen.

Am EU-Projekt „ELECTRIFIC" waren zwölf europäische Partnerinnen und Partner beteiligt. Es wurden dafür Fördermittel aus dem Programm der Europäischen Union für Forschung und Innovation „Horizon 2020" bereitgestellt.

 

24.10.2019

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