Kurz und Knapp

  • Maschinen, die sich so intelligent verhalten wie Menschen oder Tiere? Dazu müssten künstliche Systeme zunächst flexibel auf Situationen reagieren, Entscheidungen treffen und planen können.
  • Eine Forschungsgruppe will herausfinden, wie diese Flexibilität zustande kommt und dabei ihre Bedeutung für Medizin, Technologie und Philosophie ergründen.
  • Die internationalen Expertinnen und Experten aus Neuro- und Computerwissenschaften, Biologie, Psychologie und Robotik setzen dabei auf Situationsmodelle.

Können KI-Systeme bald eigene Entscheidungen treffen?

Die Maus hätte gerne das Stück Kuchen, der Mensch die Tasse Kaffee. Doch selbst wenn beides nebeneinander auf demselben Tisch steht: In den Köpfen von Maus und Mensch gehen unterschiedliche Dinge vor sich, wenn sie überlegen, wie sie sich ihren Wunsch am besten erfüllen können. „Die Welt sieht eben anders aus, je nachdem, welche Ziele und welche Möglichkeiten man hat“, sagt Professor Werner Schneider, Psychologe von der Universität Bielefeld. Er leitet gemeinsam mit dem Neuroinformatiker Professor Helge Ritter die Forschungsgruppe „Situationsmodelle: Neue Perspektiven auf das kognitive Verhalten von Menschen, Tieren und Maschinen“ am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld.

Menschen und Tiere unterscheiden sich stark in ihren Fähigkeiten wahrzunehmen, zu planen oder sich zu erinnern. Gemeinsam ist ihnen, dass sie sich flexibel auf immer neue Herausforderungen einstellen können. Das ist derzeit selbst den intelligentesten Maschinen nur sehr eingeschränkt möglich. Wie diese Flexibilität zustande kommt, ist eine der großen offenen Fragen in Psychologie und Neurowissenschaft – und Mittelpunkt der interdisziplinären Forschung.

„Aktuelle Fortschritte in Psychologie und Hirnforschung zeigen uns immer deutlicher, was intelligentes Verhalten ausmacht und wie die beeindruckende Flexibilität und Kontextsensitivität beim Menschen und vielen Tierarten zustande kommen. Gleichzeitig sehen wir wichtige Durchbrüche in Künstlicher Intelligenz und Robotik“, sagt Ritter.

Mit 50 internationalen Expertinnen und Experten aus Neuro- und Computerwissenschaften, Biologie, Psychologie und Robotik wollen die Forscherinnen und Forscher in den nächsten zehn Monaten am ZiF prüfen, ob sich aus diesen Fortschritten in den unterschiedlichen Disziplinen Erkenntnisse gewinnen lassen, wie intelligentes Verhalten funktioniert: bei Menschen, Tieren und bei Maschinen, die einmal ebenso flexibel und kontextsensitiv werden sollen wie ihre natürlichen Vorbilder.

Ausgangspunkt der Arbeit sind sogenannte Situationsmodelle. Diese legen fest, welche kognitiven Prozesse in einer Situation vermutlich nötig sind, erläutert Ritter den Ansatz. Die Modelle sollen bei dem Verständnis helfen, wie Wahrnehmung, Gedächtnis und Handeln verknüpft sind und welche Prozesse es intelligenten Wesen ermöglicht, ihre Handlungen an die Situation angepasst zu planen.

Dabei geht es den Forscherinnen und Forschern sowohl darum, Computermodelle und Experimente zu entwickeln, um ihre Annahmen zu prüfen, als auch um die Bedeutung dieser Forschung für Medizin, Technologie und Philosophie.

 

10.10.2019

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