ögel singen in den Baum wipfeln, Eichhörnchen hüpfen von Ast zu Ast, ein Kaninchen hop pelt durchs Gras ... Schön ist es auf diesem Hügel am Rand der hessi schen Stadt Wiesbaden. Natur pur, könnte man meinen. In Wirklichkeit aber spielt sich diese Szene auf einem gigantischen Müll berg ab, auf dem mit der Zeit Gras, Bäume und Büsche gewachsen sind. Der schöne Schein verbirgt bis zu 50 Jahre alte Abfälle: Fernseher und Kühlschränke, Hausmüll, Bau schutt, alte Kleidungsstücke. „Vieles davon ist bares Geld wert“, weiß Stefan Gäth. Er ist Professor für Abfallforschung an der Univer sität Gießen und hat eine Mission: herausfinden, welche Rohstoffe tatsächlich in dem Wiesbadener Berg schlummern, und wie man am besten an sie herankommt. Noch steht der Wissenschaftler mit seiner Forschung am Anfang. „Aber in 20 Jahren wird es ganz normal sein, Rohstoffe aus Deponien zu ge winnen“, sagt er. In Wiesbaden rollen jedenfalls schon schwere Baufahrzeuge über das Gelände. Ein Spezialbohrer gräbt sich 40 Meter tief in den Bo den. Ein Bagger schaufelt Müllproben aus den Löchern. Hier taucht eine verbogene Eisenstange auf, dort eine alte Coladose. „Sogar eine Zeitung von 1970 war dabei, die konn te man noch richtig gut lesen“, freut sich Stefan Gäth. 1970, da war der heutige Professor elf Jah re alt. Am wertvollsten aber sind Metal le: Mindestens eine halbe Million Tonnen Stahl soll der Berg ent halten und noch einmal halb so viel Kupfer. Und noch einen Nutzen hat die Müll-Schatzsuche: Eine Deponie enthält giftige Gase und Flüssig keiten, die Tag für Tag in die Luft aufsteigen und ins Grundwas ser sickern können. Ist der Müllberg eines Tages ab getragen, können dort neue Bäume wachsen und neues Gras. Sie sind dann auch wirklich sau bere Natur. V DAS GROSSE BUDDELN Forscher graben alte Mülldeponien um, um wertvolle Rohstoffe zu bergen. Aus den Augen, aus dem Sinn Zurück zur Natur Die Bagger kommen Schatzsuche im MüllSchatzsuche im Müll Titelgeschichte 6