Kurz und Knapp

  • Davon haben Pharmakologie und Chemie bisher nur geträumt: Künstliche Intelligenz kann nun dabei helfen, neue Medikamente und chemische Materialien zu entwickeln.
  • Ein neuer KI-Algorithmus erlaubt es, anhand der gewünschten chemischen Eigenschaften einer Substanz, die dafür notwendige Struktur zu bestimmen.
  • Damit revolutioniert die neuartige KI die Forschung. Sie könnte sich zukünftig als wesentlicher Bestandteil in der Computerchemie und Molekularphysik etablieren.

KI-Algorithmus bestimmt chemische Struktur für gewünschten Wirkstoff

Eine Künstliche Intelligenz (KI), die in der Lage ist neue Medikamentenwirkstoffe zu entwickeln – das klingt nach Utopie. Bisher wurden KI und Algorithmen für Maschinelles Lernen dazu verwendet, um das Kaufverhalten vorherzusagen, Reiserouten vorzuschlagen oder Bilder und Gesichter zu erkennen.

Doch nun ist es einem interdisziplinären Team von Forscherinnen und Forschern der Universität Warwick, der TU Berlin und der Universität Luxemburg gelungen, einen KI-Algorithmus zu entwickeln, der es erlaubt, anhand der gewünschten chemischen Eigenschaften einer Substanz, die dafür notwendige molekulare Struktur zu bestimmen. Eine Fähigkeit, die besonders bei der Entwicklung von neuartigen Medikamenten und Materialien eine wichtige Rolle spielen könnte.

KI wird somit zu einem entscheidenden Instrument zur Unterstützung von wissenschaftlichen Entdeckungen. In der Chemie wird sie immer häufiger eingesetzt, um die Ergebnisse von Experimenten oder Simulationen vorherzusagen. Um dies zu erreichen, muss KI in der Lage sein, die grundlegenden Gesetze der Physik systematisch mit einzubeziehen. Das Forschungsteam aus den Fachbereichen Chemie, Physik und Informatik entwickelte einen Algorithmus, der in der Lage ist, die Quantenzustände eines Moleküls, die sogenannte Wellenfunktion, die alle Eigenschaften dieses Moleküls bestimmen, zu berechnen. Dazu musste die KI lernen, grundlegende Gesetze der Physik zu verinnerlichen und Gleichungen der Quantenmechanik zu lösen.

Normalerweise erfordert das Lösen solcher Gleichungen auf herkömmliche Weise enorme Rechnerkapazitäten – und Monate an Rechnerzeit. Meist „der Engpass bei der rechnergestützten Entwicklung neuer, speziell für medizinische und industrielle Anwendungen entwickelter Moleküle“, sagt Prof. Klaus-Robert Müller von der TU Berlin. Der neu entwickelte Algorithmus kann dagegen auf einem Laptop oder Mobiltelefon innerhalb von Sekunden genaue Vorhersagen liefern.

Die Veröffentlichung in Nature Communications ist das Ergebnis einer dreijährigen gemeinsamen Anstrengung der drei Fachbereiche. Gleichzeitig ist die interdisziplinäre Arbeit ein „wichtiger Fortschritt, denn sie zeige, dass KI-Methoden die schwierigsten Aspekte der quantenchemischen Simulation erlernen können“, so Müller weiter. Dazu gehört auch das sogenannte inverse Design, das aus Vorgaben einer bestimmten chemischen Eigenschaft eines Moleküls eine entsprechende molekulare Struktur entwirft und optimiert. Das sei „besonders für die Medikamentenherstellung ein langjähriger Traum der Pharmakologie und der Chemie“. Das interdisziplinäre Team geht davon aus, dass sich KI-Methoden zukünftig weiter als wesentlicher Bestandteil in der Computerchemie und der Molekularphysik etablieren werden, und auch nachhaltig das inverse, molekulare Design ermöglichen werden.

 

21.11.2019

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