Die zwei großen Stars einer klimaneutralen Stromversorgung sind Wind und Sonne. Forscherinnen und Forscher auf der ganzen Welt arbeiten daran, sie möglichst effizient für uns zu nutzen: mit Tandem-Solarzellen im Doppelpack, doppelter Flächennutzung bereits versiegelter Flächen und besserer Stromverteilung in intelligenten Netzen.
Wissenschaft macht Erneuerbare Energien noch effizienter
Ein Beitrag von Dr. Anna Heimsath
An welchen Stellschrauben Forschende drehen, um die Energiewende voranzutreiben
In seiner Ansprache zur Eröffnung des Wissenschaftsjahres 2025 mahnte Cem Özdemir, dass noch immer fast 80 Prozent des Energiebedarfs mit fossilen Quellen gestillt wird. Auch in Deutschland müssen wir den Ausbau Erneuerbarer Energien in den nächsten Jahrzehnten konsequent weiterverfolgen, wenn wir das ändern möchten. Im Jahr 2024 konnten wir mit Erneuerbaren immerhin schon 54,4 Prozent unseres Stromverbrauchs decken, das sind aber erst 22,4 Prozent unseres gesamten Energiehungers (der sogenannte Bruttoendenergiebedarf).
Um unser Ziel von 100 Prozent Erneuerbarer Energie so schnell wie möglich zu erreichen, tüfteln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlerinnen aus aller Welt daran, sie noch besser verfügbar zu machen. Dabei drehen sie an vielen Schrauben. Drei besonders wichtige Hebel sind:
Tandem-Photovoltaik: Solarzellen im Doppelpack
Heutige Solarzellen sind aus Silizium und können maximal 29,4 Prozent des Sonnenlichts in Strom umwandeln. Dieses physikalische Limit des Halbleitermaterials hat die Photovoltaik-Industrie schon fast erreicht. Um die Effizienz von Solarzellen weiterhin zu erhöhen, wenden sich Solar-Forscherinnen und Forscher weltweit der Tandem-Photovoltaik zu. Durch die Kombination von zwei oder mehr Teilzellen aus unterschiedlichen Materialen kann ein größeres Spektrum des Sonnenlichts genutzt werden. Während die Silizium-Solarzelle vor allem den roten Anteil des Sonnenlichts effizient in Strom umwandelt, kann eine darüber liegende Teilzelle beispielsweise aus Perowskiten den blauen Anteil des Lichts besser verwerten. Im Doppelpack „verwerten“ die Tandem-Solarzellen also mehr vom Sonnenlicht und wandeln es in Strom um.
Integrierte Photovoltaik: Flächen doppelt nutzen
Neben effizienteren Solarzellen wird es auch zunehmend wichtig, die Flächen zur Stromproduktion effizienter zu nutzen. Dabei hilft die sogenannte integrierte Photovoltaik. Die Integration von PV-Technologie in Gebäuden, Fahrzeugen und Fahrwegen und ihre Einbindung in Agrar- und Wasserflächen sowie im urbanen Raum verspricht ein technisches Potenzial von mehreren Terawatt installierbarer Leistung. Anstelle von Nutzungskonflikten treten Synergien wie die Stärkung der Klimaresilienz in der Landwirtschaft und für Gewässer, Lärmschutz an Straßen und Schienen sowie Witterungsschutz für Fahrzeuge und Verkehrswege. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln Technologien, die helfen, dieses attraktive Potenzial zu erschließen, denn integrierte PV erfordert individuelle Lösungen, die multifunktionalen, oft auch ästhetischen, Anforderungen gerecht werden.

Effizientere Netze dank „Mittelspannung“
Doch auch mit einer besseren Effizienz bei Solarzellen und der Flächennutzung sind zur Erreichung von Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 erhebliche installierte Leistungen zur Stromerzeugung nötig. Um die zukünftige Erzeugung, Speicherung, Verteilung und Nutzung von Energie im Stromnetz zu verknüpfen, sind zudem nach heutigem Stand der Technik enorme Mengen an Rohstoffen erforderlich. Mittelspannung ist hierbei der Schlüssel zur ressourceneffizienten Integration Erneuerbarer Energien ins zukünftige Stromnetz. Denn höhere Systemspannungen ermöglichen erhebliche Material-, Kosten- und Flächeneinsparungen. Forschende aus der Leistungselektronik entwickeln deshalb Wechselrichter und weitere Komponenten, die diese Anhebung der Systemspannung von 0,8 auf 1,5 Kilovolt „Mittelspannung“ ermöglichen.
Anna Heimsath: Porträt

Dr. Anna Heimsath
Dr. Anna Heimsath ist Leiterin der Abteilung „Analyse Module und Kraftwerke“ des Bereichs Strom am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg – dem größten Solarfoschungsinstitut Europas. Sie befasst sich mit Photovoltaik-Kraftwerken und deren Leistung im Außenbereich, Ökobilanz und Ertrag sowie mit integrierter Photovoltaik.
Forschung für erneuerbare Energien